Løten 1863 - 1944 Oslo
1897
Farbholzschnitt auf Kupferdruckpapier
60,9x46,4 cm, Druckstock; 66,1x48,8 cm, Blattgrösse
Unten rechts vom Künstler in Bleistift signiert "E Munch"
Gerd Woll, Edvard Munch, The Complete Graphic Works, Oslo 2012,
Graphisches Kabinett, Berlin, dort 1916 erworben von
Slg. Heinrich Stinnes (1867-1932), Köln, mit dem Sammlerstempel Lugt 4436
Aus dem Nachlass Stinnes von Carl Meder & Co, Berlin, 1933 vermittelt an
Slg. Arnold Budczies, Berlin, rückseitig mit dem Sammlerstempel
Frankfurt am Main 1952, Städelsches Kunstinstitut, Edvard Munch, Graphik,
Florenz 1964, Palazzo Strozzi, L'Espressionismo, pittura, scultura, architettura,
Bremen 1970, Kunsthalle, Edvard Munch, Druckgraphik, Auswahl aus einer bremischen Privatsammlung,
Hamburg 2006, Kunsthalle, Edvard Munch, "... aus dem modernen Seelenleben",
Riehen 2007, Fondation Beyeler, Edvard Munch, Zeichen der Moderne,
Ingelheim 2022, Internationale Tage, Edvard Munch, Meisterblätter,
Leichte Atelierspuren, oben drei kleine Reissnagellöcher. An der linken Blattkante sind ca. 6mm Papier angesetzt. Mit mehreren kleinen hinterlegten Einrissen. Sauber hinterlegte Risse an der unteren rechten Ecke, oben links und oben rechts. Rückseitig leicht im Papier gebräunt und mit Resten alter Montierungen. Sehr schöne Druckqualität, in farbfrischer Erhaltung
Der Holzschnitt "Der Kuss II" aus dem Jahr 1897 ist eine Weiterentwicklung eines Motivs, das Edvard Munch zeitlebens beschäftigte (vgl. auch Los 868). Es geht um die intime Vereinigung von Mann und Frau, dargestellt als ekstatische, aber zugleich beunruhigende Verschmelzung zweier Wesen. Das vorliegende Blatt verdichtet diese Thematik auf radikale Weise. Zwei Figuren stehen sich in einer Umarmung gegenüber, ihre Gesichter zu einem einzigen, konturlosen Schatten verschmolzen. Die individuelle Identität scheint sich aufzulösen in einem Akt der völligen Hingabe.
Munch entwickelte seine Holzschnitt-Technik mit grosser Experimentierfreude ständig weiter. In "Der Kuss II" setzt er bewusst die Maserung des Holzes als gestalterisches Mittel ein. Die unglaublich dichte Farbigkeit unterstützt den emotionalen Gehalt. Warme Blau-, Grün-, Rot- und Brauntöne sowie dunkle Flächen erzeugen eine Atmosphäre zwischen Wärme, Intimität und existenzieller Düsternis.
Das Blatt gehört zum zyklischen Bildkomplex "Lebensfries", den Munch selbst als eine Art visuelles Gedicht über das Leben verstand. Es vereint Themen wie Liebe, Angst, Eifersucht, Sexualität, Krankheit und Tod als universelle menschliche Erfahrungen.
Der Holzschnitt, im Handdruck und monotypieartig gedruckt von zwei Druckstöcken, entstand kurz nach Munchs Aufenthalt in Paris, wo er 1896 intensiv mit neuen Drucktechniken experimentierte. Zurück in Kristiania (heute Oslo), richtete er sich eine eigene Druckwerkstatt ein, in der er viele seiner Holzschnitte und Radierungen selbst druckte, oft mit starken eigenen Eingriffen wie Variationen von Farbplatten oder Handkolorierungen.
"Der Kuss II" basiert auf Entwürfen und Motivvarianten, die Munch bereits zwischen 1892 und 1896 entwickelt hatte. Der Holzschnitt ist also das Ergebnis einer längeren künstlerischen Entwicklung. Formal und technisch ist er jedoch ein Produkt seiner norwegischen Phase mit starken Einflüssen aus der Pariser Zeit. Die kräftige Farbigkeit des hier angebotenen Exemplars ist einzigartig: Munch färbte eine Druckplatte monotypieartig farbig ein. Das Blatt ist von grösster Seltenheit. Es sind nur wenige farbige Abzüge bekannt, der vorliegende, vielfarbige Holzschnitt gilt als Krönung in Munchs druckgraphischem Schaffen.
| Schweiz | CHF | 200 |
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