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1914 - Werknummer 1914.204
Aquarell und Bleistift auf Kupferdruckpapier, auf Karton aufgelegt
22x17,7 cm, Aquarell mit Tuschleiste und Schrift; 32,2x24,7 cm, Unterlagekarton
Unten rechts im Bild vom Künstler in Tusche signiert "Klee", auf der Unterlage mit Abschlussstrich in Tusche, unten links oberhalb der Tuschleiste in Bleistift datiert "1914", darunter in Tusche mit der Werknummer "1914 204", rechts mit einer Dedikation in Bleistift "Herrn u. Frau Dr Jäggi zur Erinnerung / an Tunis 1914 freundschaftlich / zugeeignet Klee 1919"
Paul Klee Stiftung, Catalogue Raisonné, Band 2, Werke 1913-1918, Bern 2000,
Geschenk des Künstlers, 1919 an
Slg. Dr. Ernst und Rosa Jäggi-Müller, Tunis
Auktion Kornfeld und Klipstein, Bern, 18. Juni 1965, Los 474 (betitelt "Platz El Halfaouine in Tunis"), dort erworben von
Slg. Eberhard W. Kornfeld, Bern, rückseitig mit dem Sammlerstempel, Lugt 913b
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Zürich 2023, Kunsthaus, Re-Orientations, Europa und die islamischen Künste, 1851 bis heute,
Leichter Lichtrand und minim gebräunt. Auf der Rückseite Spuren einer alten Montierung
Paul Klees Künstlerfreund Louis Moilliet hatte bereits 1907 und 1909/1910 Tunesien bereist. Er weilte dort als Gast beim Berner Ehepaar Dr. Ernst Jäggi und Rosa Jäggi-Müller. Die beiden unterhielten eine Stadtwohnung in Tunis und ein Landhaus in Saint-Germain (heute Ezzahra).
Im Früjahr 1914 unternahmen die drei Künstlerfreunde Paul Klee, Louis Moilliet und August Macke die in die Kunstgeschichte eingegangene legendäre Tunisreise. Nachdem der Entschluss zur gemeinsamen Reise nach Tunesien gefasst worden war, kümmerten sich die drei beteiligten Künstler um die Finanzierung. Klee verkaufte Werke an den Berner Apotheker Charles Bornand, Macke wurde vom Sammler Bernhard Koehler unterstützt, Moilliet bat verschiedene Bekannte um einen Obolus. Das mit Moilliet bekannte Ehepaar Jäggi aus Tunis bot den Künstlern an, bei ihnen zu wohnen. Als Gegenleistung sollte ein Zimmer künstlerisch gestaltet werden. Nach Ankunft in Tunis am 7. April 1914 wurden die Künstler von der Familie Jäggi abgeholt. Moilliet und Klee konnten zunächst in ihrer Stadtwohnung wohnen, Macke verfügte über genügend Mittel, um im Grand Hôtel de France abzusteigen. Auf der Reise entstanden nur wenige Werke; die Reise sollte aber das weitere künstlerische Schaffen der drei, besonders von Paul Klee, nachhaltig beeinflussen. Es war die unvergleichliche Fülle der Farben, das exotisch-orientalische Leben sowie die Intensität des mediterranen Lichts, was sich in vielen nachfolgenden Werken manifestieren würde. Erst mit Klees Ägyptenreise im Jahr 1929 erfuhren seine Werke erneut einen vergleichbaren Einfluss von aussen. Es waren aber nicht nur die Farben der nordafrikanischen Landschaft, die Klee zu neuen Werken inspirierten. So stehen etwa die für Klee später so charakteristischen rechteckigen Farbflächen in direktem Zusammenhang mit der arabischen Stadtarchitektur; Klee hat in Tunesien den Raum neu begriffen. Mit einher ging auch eine Auflösung der Formen in Richtung einer bisher nicht gleich umgesetzten Abstraktion. Die in Zusammenhang mit der Tunisreise entstandenen Arbeiten sind alle von beeindruckender Klarheit und Leuchtkraft und besonderer Qualität im Schaffen Klees.
Das hier angebotene Blatt war zuerst grösser angedacht. Paul Klee zerschnitt es später, wie er es immer wieder tat, und schuf aus dem rechten Teil das Werk mit der Nummer 1914.205, "Ohne Titel" (Catalogue Raisonné 1308), ein Blatt, das sich heute in einer amerikanischen Privatsammlung befindet. Dargestellt ist eine Szene vor einer Moschee am Platz El Halfaouine in Tunis. Das Aquarell ist sicherlich auf der Reise vor Ort entstanden und wurde später von Klee neu montiert. Im Sommer 1919 schenkte er das Blatt dem Ehepaar Jäggi, wohl immer noch aus Dank für die herzliche Aufnahme in ihrem Haus in Tunesien. Ein besonders eindrückliches Zeugnis seines Schaffens unter Einfluss der Tunisreise.
Schweiz | CHF | 145 |
Europa | CHF | 255 |
Übersee | CHF | 330 |