1831 Ins 1910
1874
Öl auf Leinwand
83,5x99,5 cm
Unten links vom Künstler in Pinsel in brauner Ölfarbe signiert "Anker"
Sandor Kuthy/Therese Bhattacharya-Stettler, Albert Anker, Werkkatalog der Gemälde und Ölstudien, Basel 1995,
Livre de vente: 18. Oktober 1874: de M. Franel à Genève pour Chant de la Patrie 1900
Martin Franel, Genf, 1874
Hermann Bürki, Bern, 1931
Privatbesitz Deisswil, von dort durch Erbschaft an
Privatsammlung Schweiz
Beat von Tscharner-von Bürier, Jahresbericht dem bernischen Kantonal-Kunstverein in der Hauptversammlung am 10. März 1875 mitgetheilt, Bern 1875, pag. 7
Albrecht Rytz, Der Berner Maler Albert Anker, Ein Lebensbild, Bern, Stämpfli & Cie, 1911, pag. 52
Robert Meister, Albert Anker - der "Schweizer Maler"? In: Erfundene Schweiz/La Suisse imaginée, Konstruktionen nationaler Identität, Zürich, Chronos, 1992, pag. 302
Aarau/Bern/Genf/Lausanne 1874, Schweizerische Kunstausstellung,
Luzern 1874, Kunsthalle, Schweizerische Kunstausstellung,
Solothurn 1894, Reitschule, Schweizerische Kunstausstellung
Zürich 1911, Kunsthaus, Ausstellung Albert Anker,
Bern 1928, Kunsthalle, Albert Anker,
Bern 1931, Kunstmuseum, Albert Anker, Jahrhundertausstellung,
Ins 1981, Sporthalle, Der Maler und seine Welt,
Die Leinwand doubliert, vereinzelte, feine Craquelüren. Farbfrisch und in sehr guter Gesamterhaltung
Albert Anker war ein politisch stark engagierter Künstler. So beschäftigte er sich stets mit Zeitgeschichte - im engen Umkreis seiner Wirkungsorte oder darüber hinaus. Polen durchlief im 19. Jahrhundert eine wechselvolle Geschichte. Nach dem Wiener Kongress von 1815 wurde es mit Russland verbunden. Verschiedene Unabhängigkeitsversuche scheiterten; am prominentesten ist der Januaraufstand von 1863, der wiederum zahlreiche Polen ins Exil zwang. Auch in der Schweiz bildete sich eine starke Diaspora, davon zeugt eindrücklich das 1870 gegründete Polenmuseum auf Schloss Rapperswil. Anker widmete dem Thema 1868 ein erstes Gemälde ("Die polnischen Verbannten", Kuthy/Bhattacharya-Stettler Nr. 120), das im Stich von Eugène und Amédée Varin unter dem Titel "Les Exilés (Un air national)" international Beachtung fand. Das Interesse am Thema führte sechs Jahre später zu der vorliegenden zweiten und deutlich grösseren Fassung. Das Gemälde entstand im Jahr der ersten Totalrevision der Bundesverfassung der Schweiz, die den Bürgern weiterreichende Kompetenzen übertrug, und vom neuen, auch stark humanitär geprägten Selbstverständnis der noch jungen, neutralen Nation zeugte. Der Künstler malte, das Klavier und die Kleidung lassen diesen Schluss zu, eine Familie der polnischen Oberschicht. Das Mädchen spielt polnische Weisen, der Grossvater und der Bruder hören aufmerksam zu. In der freien, demokratischen Schweiz finden sie Aufnahme, während in Europa immer noch Monarchien jegliche Eigenbestimmung der Bürger unterbinden. Anker zeigte das Werk in mehreren Schweizer Kunstausstellungen, was auf die Wichtigkeit in seinem Œuvre hinweist. In Aarau wurde es mit Fr. 2'000.- angeboten, im Katalog von Luzern war es bereits als verkauft bezeichnet. Ein Paradebeispiel von Ankers subtiler, politisch motivierter Malerei