Løten 1863 - 1944 Oslo
Ausrufzeit 11.09.2025,
circa 19.00 Uhr (CET)
(+/- 30 Min.)
1897
Mezzotinto und Kaltnadel auf Arches-Bütten mit Wasserzeichen
23,7x29,9 cm, Plattenkante; 31x44,7 cm, Blattgrösse
Unten rechts vom Künstler in Bleistift signiert "E Munch " und bezeichnet "avant lettre", darunter nummeriert "No. 4/9"
Gerd Woll, Edvard Munch, The Complete Graphic Works, Oslo 2012,
Slg. Prof. Dr. Curt Glaser (1879-1943), Berlin, versteigert bei
Auktion Max Perl, Berlin, 19. Mai 1933, Los 1122, dort erworben von
Slg. Arnold Budczies, Berlin, rückseitig mit dem Sammlerstempel
Frankfurt am Main 1952, Städelsches Kunstinstitut, Edvard Munch, Graphik,
Bremen 1970, Kunsthalle, Edvard Munch, Druckgraphik, Auswahl aus einer bremischen Privatsammlung,
Leichte Atelierspuren. Minimer Lichtrand und die Rückseite leicht im Papier gebräunt. Besonders farbfrisches Exemplar. Insgesamt in sehr schöner Erhaltung
Edvard Munchs Aufenthalt in Paris im Jahr 1896 fiel in eine Phase intensiver druckgraphischer Experimente. In der französischen Hauptstadt begegnete Munch einer avantgardistischen Kunstszene, die seine Bildsprache nachhaltig beeinflusste. Gleichzeitig hatte er dort Zugang zu modernsten Druckwerkstätten. Drucker wie Auguste Clot oder Alfred Porcabœuf vermittelten ihm neue druckgraphische Möglichkeiten.
So entstanden etwa im Atelier Alfred Salmon, das damals von Alfred Porcabœuf geleitet wurde, acht Schabkunstblätter (Mezzotinten). Dieses Druckverfahren gilt als eines der aufwändigsten überhaupt: Zunächst werden die Zinkplatten mit Aquatinta vorbereitet und anschliessend mit dem Wiegemesser so lange bearbeitet, bis sich ein dichtes, gleichmässiges Raster bildet. Dieses erzeugt im Druck eine flächig-samtene Struktur mit weichen Übergängen. Die Schabkunst wurde bereits im 17. Jahrhundert entwickelt, vor allem zur Wiedergabe einer malerischen Wirkung.
Genau dieser malerische Aspekt der Druckgraphik wird Munch fasziniert haben. Er nutzte die Qualitäten des Druckes gezielt, um Atmosphäre und emotionale Dichte zu erzeugen. Dabei schuf er jeweils nur wenige Exemplare mit von Druck zu Druck abweichender Farbgebung. Die Abzüge waren aller Wahrscheinlichkeit nach Eigendrucke bzw. von ihm selbst eingefärbte Platten. Blätter in Mezzotinto gehören zu Munchs seltensten und begehrtesten Graphiken überhaupt.
Im Mezzotinto-Blatt "Nächtliche Strassenszene" stehen zwei weibliche Figuren in leuchtend-farbigen Kleidern und Hüten im Vordergrund. Sie treten aus dem Dunkel hervor und werden von einer unsichtbaren Lichtquelle beleuchtet. Der Hintergrund zeigt schön gekleidete Gestalten, teils männlich, teils undefiniert. Die Szene wirkt traumartig. Die Wahl des Mezzotinto ist kein Zufall. Munch nutzte die Wirkung der Mezzotinten gezielt, um emotionale Isolation, Verunsicherung und innere Angst in ein visuelles Spannungsfeld zu übersetzen. Das Spiel von Licht und Schatten verdichtet sich dabei zur existenziellen Metapher. Die Figuren im Vordergrund stehen im Licht, dennoch sind sie allein. In der anonymen, lärmenden, aber emotional leeren Moderne verliert der Mensch seinen Halt - ein Motiv, das Munch mit seiner symbolistischen Bildsprache früh und präzise einfing.
So ist "Nächtliche Strassenszene" ein Beispiel für Munchs Fähigkeit, mit minimalen Mitteln maximale psychologische Wirkung zu erzielen und die Stadt nicht als Kulisse, sondern als Spiegel seelischer Zustände darzustellen.
Von grösster Seltenheit und in wunderbarer, farbfrischer Erhaltung.
Gedruckt wohl von Alfred Porcabœuf in Paris.
Es wurde eine gütliche Einigung mit den Erben nach Curt Glaser, vertreten durch die Berliner Kanzlei "S+N Rechtsanwälte", getroffen. Der aktuelle Verkauf erfolgt mit dem Einverständnis der Erben nach Curt Glaser und ist daher frei von jeglichen Ansprüchen. Die gütliche Einigung wurde in der Lost Art-Datenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste vermerkt.
Schweiz | CHF | 130 |
Europa | CHF | 200 |
Übersee | CHF | 250 |