Ausrufzeit 12.09.2024,
circa 19.50 Uhr (CET)
(+/- 30 Min.)
1657
Radierung und Kaltnadel auf japanischem Gampipapier
16,9x21,9 cm, Blattgrösse
The New Hollstein (Hinterding/Rutgers) 298/I (v. II)
White/Boon 67
Slg. Robert Stayner Holford (1808-1892), London und Westonbirt, Lugt 2243
Slg. Valentin Weisbach (1843-1899), Berlin, Lugt 2539b
Slg. Werner Weisbach (1873-1953), Berlin und Basel, Lugt 2659a
Auktion Gutekunst und Klipstein, Bern, 11. März 1954, Los 216
Slg. Eberhard W. Kornfeld, Bern, Lugt 913b
Mit reichem Grat druckender Abzug von unübertrefflicher Schönheit. Abgesehen von einer kleinen Bereibung oben rechts der Mitte sowie einem winzigen, aber von vorne nicht erkennbaren Löchlein oben links hat das goldtonige Blatt seine unverpresste Oberflächenqualität bewahrt und ist insgesamt von bestechend schöner Erhaltung
Das offenbarte Wort ist zentral für das Selbstverständnis des Christentums. Somit kommt auch der Predigt Jesu eine besonders herausgehobene Stellung innerhalb der heilsgeschichtlichen Bildtradition zu. Rembrandt hatte sie bereits acht Jahre zuvor zum Thema eines seiner berühmtesten graphischen Werke, des sog. "Hundertguldenblattes" gemacht, dessen komplexe Kombination der graphischen Techniken Radierung, Kaltnadel und Kupferstich nur sehr wenige Abdrucke von höchster Qualität zuliess. Als er dann mit dem "Ecce Homo" und den sog. "Drei Kreuzen" ähnlich wichtige heilsgeschichtliche Momente aufgriff, führte er diese trotz der monumentalen Formate als reine Radierungen mit der Kaltnadel überarbeitet aus, was erneut nur eine verhältnismässig kleine Auflage erlaubte. Etwa zeitgleich mit diesen entstand als letzte vielfigurige Graphik diese Darstellung des Predigenden. Auf kleinem Format gelingt es Rembrandt, ein Fülle von Personen um Jesus herum zu versammeln, der diese direkt anspricht und sich durch seine frontale Position und den offenen Raum vor ihm auch an uns als Betrachter zu wenden scheint. Nur ein Kind liegt abgewandt vom Geschehen auf dem Boden und zeichnet gedankenverloren in den Sand – ganz so, als wolle der Künstler hier auf seine eigene Rolle als unbeteiligter Beobachter anspielen.
Im Nachlassinventar von Clement de Jonghe, der viele von Rembrandts Druckplatten besass und auch wieder auflegte, wird die Platte als "het Latombisch printje" aufgeführt, was Edmé-François Gersaint dazu verleitete, dem Blatt in seinem 1751 publizierten Werkverzeichnis von den Graphiken Rembrandts den irreführenden Titel "La petite tombe" zu geben, obwohl hier durchaus kein "kleines Grab" dargestellt ist. Man vermutet heute, dass die Archivnotiz sich auf Nicolaes oder Pieter de la Tombe bezieht, die die Graphik in Auftrag gegeben haben könnten.
Die Druckplatte erlaubte offenbar eine beachtliche Auflagenhöhe – auch in unserer Auktion kommen nicht weniger als drei (!) verschiedene Abzüge zum Ausruf. Die unterschiedliche Intensität der durch die Kaltnadelpartien hervorgerufenen Gratwirkung erlaubt Rembrandt jedoch eine qualitative Differenzierung. Der Grat des hier angebotenen Exemplars ist derart reich, dass es zu den wohl allerfrühesten Drucken überhaupt gezählt werden muss. Gesteigert wird seine Exklusivität noch durch das warmtonige Gampi-Papier, das überhaupt erst in den 1650er Jahren, also im Jahrzehnt der Entstehung des "Petite tombe" von der Niederländischen Ostindien-Kompanie aus Japan eingeführt wurde, was diesen Abdruck zweifelsohne schon zu Rembrandts Lebzeiten zu einer geradezu unerhörten Kostbarkeit gemacht haben muss.
Schweiz | CHF | 115 |
Europa | CHF | 185 |
Übersee | CHF | 235 |