1921
Pinsel und Feder in Tusche über Vorzeichnung in Bleistift, mit Deckweiss gehöht und korrigiert, auf zwei zusammengeklebten Bogen
40,5x55,2 cm, Blattgrösse
Unten rechts von der Künstlerin in Bleistift signiert und bezeichnet "Käthe Kollwitz / Die Freiwilligen"
Otto Nagel/Werner Timm, Käthe Kollwitz, Die Handzeichnungen, Œuvre-Katalog, Stuttgart 1980,
Slg. Louise Diel, Freiburg im Breisgau
Auktion Gutekunst und Klipstein, Bern, 25. Oktober 1951, Los 11, dort erworben von
Slg. Erich Cohn, New York, dort erworben von
Slg. Eberhard W. Kornfeld, Bern, rückseitig mit dem Sammlerstempel, Lugt 913b
Arthur Bonus, Das Käthe-Kollwitz-Werk, Dresden 1927,
Herbert Bittner, Kaethe Kollwitz, Drawings, New York/London 1959,
Hans Kollwitz, Käthe Kollwitz, Ich sah die Welt mit liebevollen Blicken, Ein Leben in Selbstzeugnissen, Hannover 1968,
Taking a stand, Käthe Kollwitz, Ausstellungskatalog, Kunsthaus Zürich/Kunsthalle Bielefeld, München 2023,
Stuttgart 1967, Staatsgalerie, Die Zeichnerin Käthe Kollwitz,
Bern 1989, Kunstmuseum Bern, Von Goya bis Tinguely, Aquarelle und Zeichnungen aus einer Privatsammlung [Slg. Eberhard W. Kornfeld],
Hannover/Regensburg 1990/1991, Wilhelm-Busch-Museum/Museum Ostdeutsche Galerie, Käthe Kollwitz,
Washington 1992, National Gallery of Art, Käthe Kollwitz,
Vevey/Gingins 1994, Musée Jenisch/Fondation Neumann, Käthe Kollwitz,
Köln 1995, Käthe Kollwitz Museum, Käthe Kollwitz, Meisterwerke der Zeichnung,
Davos 1998/1999, Kirchner Museum, Werke aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld,
Köln 2001, Käthe Kollwitz Museum, Einblicke 5, "Seitdem ich in Holz schneide lockt da vieles", Der Holzschnitt bei Käthe Kollwitz,
Wien 2008/2009, Albertina, Wege der Moderne, Aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld,
Bern 2013/2014, Zentrum Paul Klee, Zwischen Brücke und Blauer Reiter, Hanna Bekker vom Rath als Wegbereiterin der Moderne (ausser Kat.)
Köln 2014/2015, Käthe Kollwitz Museum, Apokalypsen – Daheim und an der Front, Käthe Kollwitz, die deutschen Expressionisten und der Erste Weltkrieg, ohne Katalog
Zürich 2023, Kunsthaus, Stellung beziehen - Käthe Kollwitz,
Auf gebräuntem Papier und etwas gewellt, vor allem im linken Rand und unten rechts, sowie Spuren eines früheren Passepartouts. Einzelne Fingerspuren. In den Rändern Reissnagellöcher und im linken oberen Rand minimaler Papierverlust. Rückseitig Spuren einer alten Montierung
"Ich habe immer versucht, den Krieg zu gestalten. Ich konnte es nie fassen. Jetzt endlich habe ich eine Folge von Holzschnitten fertiggemacht, die einigermassen das sagen, was ich sagen wollte. […]. Diese Blätter sollen in alle Welt wandern und sollen allen Menschen sagen: so war es – das haben wir alle getragen durch diese unaussprechlich schweren Jahre.", schrieb Käthe Kollwitz im Oktober 1922 in einem Brief an Romain Rolland. Sie setzte sich sehr intensiv mit dem Ersten Weltkrieg und seinen Folgen auseinander, nachdem ihr jüngerer Sohn Peter als Freiwilliger am 22. Oktober 1914 gefallen war. Die Trauer und diese schmerzhafte Erfahrung führten zu einer eindrücklichen Aufarbeitung des Kriegstraumas, was in der siebenteiligen Holzschnittfolge "Krieg" kulminierte. Die Folge erschien schliesslich 1923 als Mappe im Verlag Emil Richter in Dresden in verschiedenen Auflagen. Wie immer standen vor der graphischen Umsetzung Vorarbeiten in verschiedenen Techniken an. Kollwitz entwickelte die Motive zuerst auch im Tiefdruck und in der Lithographie, wählte dann aber den Holzschnitt für die Folge aus.
Für das zweite Blatt der Reihe, "Die Freiwilligen" (Knesebeck 173), sind vier Vorarbeiten bekannt, darunter die hier angebotene, die dem Holzschnitt der Auflage am ähnlichsten ist. Die Künstlerin erprobt die Hell-Dunkel-Wirkung mittels Tusche und Weisshöhungen. Eindrücklich tastet sie sich an das optimale Verhältnis der hellen und dunklen Flächen heran, die danach in die Holzplatte geschnitten werden. Sie hat rechts noch ein Stück Papier angesetzt, wohl um die Darstellung zu erweitern. Motivisch orientiert sie sich an der Tradition mittelalterlicher Totentänze, in denen der Tod immer wieder als Heerführer einen Menschenzug anführt. Der Tod schreitet trommelschlagend voraus, gefolgt von fünf jungen Männern. Die Heerschar ist ganz unterschiedlich charakterisiert. Der eine geht in leidenschaftlicher Begeisterung mit, ein anderer folgt blind ergeben, wiederum ein anderer scheint verzweifelt mitgezerrt; und doch werden am Ende alle vom Tod ins Verderben mitgerissen. Über der Darstellung wölbt sich eine Art Bogen oder Heiligenschein, der die Szene in eine fast sakrale Atmosphäre taucht. Die jungen Soldaten waren fest davon überzeugt, sich fürs Vaterland opfern zu müssen.
"Ich bin mit der Holzschnittfolge zum Krieg fast fertig. […] Kein Mensch wird mutmassen, dass diese 7 Holzstöcke mittlerer Grösse eine langjährige Arbeit in sich schliessen und doch ist es so. Es steckt darin die Auseinandersetzung mit dem Stück Leben, das die Jahre 1914–1918 umfassen, und diese vier Jahre waren schwer zu fassen.", Zitat aus "Briefe der Freundschaft". Man spürt im Blatt die Ohnmacht der Mutter; berührend, wie sie aus der persönlichen Betroffenheit ein universelles Thema aufgreift.
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