Kuslowo 1864 - 1941 Wiesbaden
Um 1920
Öl über Vorzeichnung in Bleistift auf Leinwandpapier, auf Malkarton montiert
36,2x27 cm, Darstellung; 53,3x39,8 cm, Unterlagekarton
Unten rechts vom Künstler in Ölfarbe monogrammiert "AJ". Rückseitig in Bleistift bezeichnet 500 Fr.
Maria Jawlensky/Lucia Pieroni-Jawlensky/Angelica Jawlensky, Alexej von Jawlensky, Catalogue Raisonné of the Oil Paintings, Volume 2, 1914-1933, London 1992,
Slg. Josef Müller, Solothurn, angekauft direkt beim Künstler, durch Erbschaft an
Privatsammlung Schweiz
La vie et les passions d'un collectionneur: Josef Müller, 1887-1977, Hrsg. J.P. Mueller & M. Barbier-Mueller, Genf 1989,
Locarno 1989, Pinacoteca Comunale, Casa Rusca, Alexej von Jawlensky,
Emden 1989/1990, Kunsthalle, Stiftung Henri Nannen, Alexej Jawlensky,
München 1999, Haus der Kunst, Kunst über Grenzen: Die Klassische Moderne von Cézanne bis Tinguely und die Weltkunst - aus der Schweiz gesehen
Lausanne 2001, Fondation de l'Hermitage, Jawlensky en Suisse,
Auf Leinwandpapier auf Unterlagekarton aufgelegt, der Unterlagekarton mit breitem Rand, leicht gebräunt und mit Lichtrand. Spuren einer alten Montierung. Die Malerei farbfrisch und in tadelloser Gesamterhaltung
Die "Heilandsgesichter" sind zarte, stilisierte Gemälde, in welchen Jawlensky menschliche Züge in immer einfachere Formen und Linien übersetzt, um damit eine Steigerung ins "Überpersönliche" zu erreichen. Archetypisch stellt er den Betrachtenden damit ein Gesicht gegenüber, reduziert auf die wesentlichen Elemente des "Menschseins". Die bewusste Verweigerung einer Tiefenwirkung in der Komposition erinnert an die Heiligenbilder seiner russischen Heimat, die Ikonen, die oft auch in einer stilisierten Form auskommen. Am Anfang haben die Bilder dieser Serie klar die Züge von Emilie Esther Scheyer, genannt Galka, die Jawlensky 1916 in Lausanne kennenlernt und die zu einer der grössten Fördererinnen des Künstlers wird. So leistet sie etwa mit der Gründung der Gruppe "Die Blaue Vier" eine bahnbrechende Vermittlungsarbeit v.a. in den USA für die beteiligten Künstler Feininger, Jawlensky, Kandinsky und Klee. In der Erforschung des gleichen Themas und der repetitiven Konzentration auf Farbe und Form sucht Jawlensky in den Werken seine Affinität zu Mystik, Religion und Spiritualität zu ergründen
Das hier angebotene Gemälde ist von aussergewöhnlicher Qualität. Das Gesicht ruht in sich gesunken mit geschlossenen Augen. In zarten Farben, meisterhaft zueinander abgestimmt, beherrscht die Person den ganzen Bildraum, ja, strahlt förmlich darüber hinaus. Das Bild hat der bedeutende Solothurner Sammler Josef Müller direkt beim Künstler angekauft; er war bekannt dafür, nur die beste Qualität zu erwerben. In einem erhaltenen Briefentwurf vom 4. Oktober 1916 schreibt Müller: "Nous avions aujourd’hui la visite d’un peintre Russe et de sa femme". Der Sammler nimmt damals Malstunden bei Cuno Amiet auf der Oschwand, als er dort wohl Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin trifft. Amiet hat Jawlensky, der zwischen 1914 und 1921 in der Schweiz, zuerst in Saint-Prex am Genfer See, dann Ende 1917 in Zürich-Wollishofen und schliesslich ab 1918 in Ascona am Lago Maggiore lebte und arbeitete, auch anderen Sammlern in der Schweiz vorgestellt. So kam es 1918/1919 auch zum Kontakt mit dem Basler Sammler Karl Im Obersteg. Josef Müller wird den Austausch mit Jawlensky weiter gepflegt und in der Folge Anfang der 1920er Jahre das wunderbare Frauenbildnis (Heilandsgesicht) direkt beim Künstler angekauft haben, wohl für die rückseitig bezeichneten 500 Fr. Selten kommen so hoch qualitative "Heilandsgesichter" mit lückenloser Provenienz auf den Markt