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  • Alberto und Diego Giacometti
    aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld

    Alberto und Diego Giacometti
    aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld

    Abgesehen von den engen Freundschaften mit Sam Francis und Jean Tinguely waren es Alberto und später Diego Giacometti, mit denen Eberhard W. Kornfeld über einen längeren Zeitraum einen freundschaftlichen Austausch pflegte.
    Kornfeld war nach Jahren im Aktivdienst zuerst als Volontär und später, wie er selbst immer scherzhaft bemerkte, als «Mini-­Partner» in die Kunsthandlung von Dr. August Klipstein in Bern eingetreten. Dort befasste er sich vor allem mit Altmeistergraphik und der Druckkunst der Moderne. Wie müssen sich da seine ersten Besuche in der Berner Kunsthalle angefühlt haben, in der der Kunsthistoriker Arnold Rüdlinger seit 1946 ein ambitioniertes ­Programm mit neuester Gegenwartskunst aus Paris und den USA verantwortete? Der 1919 geborene Rüdlin-ger war nur vier Jahre älter als Kornfeld und wurde schon bald zu einem wichtigen Weggefährten sowie ­aktiven Vermittler zu den für Korn-feld bislang eher unbekannten Kunstschaffenden der Gegenwart. So war es Rüdlinger, der Kornfeld mit Sam Francis bekannt machte und ihm auf gemeinsamen Reisen in die USA die dortige Kunstszene näherbrachte.
    Es war in der Berner Kunsthalle, in der Kornfeld 1948 den aus dem Bergell stammenden, gut 20 Jahre älteren Bildhauer und Maler Alberto Giacometti zum ersten Mal traf. Rüdlinger organisierte damals die wichtige Ausstellung «Sculpteurs contemporains de l’École de Paris», in der in einem Saal auch Werke des nach dem Krieg ­wieder in Paris lebenden Schweizers gezeigt wurden. Kornfeld erinnerte sich gut an diese erste Begegnung: «Ich kam in­­mitten der Vorbereitungen für die Aus­stellung in die Kunsthalle, betrat den für Giacometti reservierten Raum und traf den Künstler in Begleitung seiner direkt aus dem Bergbauerndorf Stampa gekom­menen Mutter, der Witwe von Giovanni Giacometti. […] Beeindruckend war, wie Annetta Giacometti – über Jahrzehnte in Kunstdingen erfahren – ihrem damals doch schon 47 Jahre alten Sohn Anweisungen gab, wie er seine Skulpturen zu platzieren habe, die er auch meist befolgte.» (In: Wege der Moderne, Aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Wien 2008, S. 237).
    Bei diesem ersten Treffen vereinbarten die beiden, sich beim nächsten Paris-Besuch Kornfelds im Wohnatelier des Künstlers an der 46, Rue Hippolyte-Maindron zu treffen. Da Kornfeld oft in Paris zu tun hatte, wurden diese Treffen, verbunden mit späten Abendessen im «La Cou-pole», fortan zur freudigen Gewohnheit. Kornfeld besuchte den Künstler ab und an auch während seiner Ferienaufenthalte in Stampa oder in Maloja. Dort entstanden auch die bekannten Fotografien von Annetta und Alberto, die der Kunsthändler vor dem Wohnhaus der Familie ­aufgenommen hatte. Alberto war in den 1950er-Jahren bereits ein anerkannter Künstler, der von Pierre Matisse in New York und Aimé Maeght in Paris vertreten wurde. Kornfeld hatte aber das Privileg, immer wieder direkt im Atelier einzukaufen, jedoch ausschliesslich Zeichnungen und Graphiken. Über die Jahre intensivierte sich die Beziehung, und als Franz Meyer, Rüdlingers Nachfolger an der Berner Kunsthalle, dem Bildhauer 1956 eine Einzelausstellung ausrichtete, wurde der Plan geschmiedet, bei Klipstein & Kornfeld eine Ausstellung des Künstlers zu organisieren. Dieser Plan wurde dann aber erst im Sommer 1959 umgesetzt. Wie damals üblich, kaufte ­Kornfeld die Wer-ke an, um sie anschliessend in der Ausstellung an Sammlerinnen und Sammler weiterzuverkaufen. Alberto verkaufte Kornfeld damals drei Gipse, verbunden mit dem Recht, diese in Bronze zu ­giessen (vgl. Lose 18, 28 und 30 dieses Katalogs). Für die Ausstellung wurde zudem die grosse Bronze «Stèle III» von Maeght erworben, sodass ein schönes Konvolut mit plastischen Arbeiten, Zeichnungen und Druckgraphiken zusammenkam. Die Ausstellung war wirtschaftlich nur ein mässiger Erfolg; etliche Stücke blieben unverkauft und gelangten im Laufe der Zeit in die ­Privatsammlung von Kornfeld.
    Der Kontakt zu Alberto blieb dennoch intensiv und freundschaftlich. Einige Male reisten die beiden auch zu Albertos Patenonkel, dem bekannten Schweizer Maler Cuno Amiet auf die Oschwand. Amiet soll bei einem dieser Besuche gesagt haben, dass er sich nie hätte vorstel-len können, dass sein Patensohn einmal ein grosser Künstler werden würde. Ausdruck der engen Verbundenheit zwischen Kornfeld und Giacometti sind fünf Bleistiftzeichnungen, die Alberto im Jahr 1959 von Kornfeld schuf. Vier davon kamen in die Sammlung Kornfeld, eine behielt der Künstler für sich. Nur zu gerne hätte Kornfeld auch ein ­­Porträt in Öl gehabt, doch Alberto sagte immer, dass die Zeit dafür noch nicht gekommen sei. 1963 brachte Kornfeld sein eben publiziertes Werkverzeichnis der Druckgraphik von Paul Klee mit nach Paris. Faszi-niert blätterte es Alberto durch und fragte, ob Kornfeld nicht auch ein solches Verzeichnis für ihn erstellen könne. Kornfeld sagte spontan zu. Es sollte aber noch bis ins Jahr 2017 dauern, bis das grosse Werk in Zusammenarbeit mit der Fondation Alberto et Annette Giacometti, Paris, publiziert werden konnte, waren doch viele Jahre lang wichtige Quellen dafür nicht oder nur eingeschränkt zugänglich. Seither werden Albertos Druckgraphiken mittels Kornfeld-Nummern geordnet – eine Geste der Verbundenheit, die bis weit über den Tod der beiden Freunde hinausreicht.
    Schon früh lernte Kornfeld im Atelier Albertos dessen Bruder und engsten Vertrauten Diego kennen. Es muss um 1954 gewesen sein, als Alberto Kornfeld bat, vielleicht auch einmal ein Möbelstück bei Diego zu bestellen, da dieser im Moment nur wenig zu tun habe. Diego lebte seit 1925 bei seinem ­Bruder in Paris. Zuerst arbeitete er als ­Atelierhelfer und war, weil er immer verfügbar war, Albertos wichtigstes Modell. Später wurde er auch für die Güsse und die Patina von Albertos Bronzen zuständig. Durch Man Ray lernte Alberto 1929 den Pariser Innenarchitekten Jean-Michel Frank kennen. Dieser bewog ihn, Gebrauchskunst in Bronze zu schaffen. So entstanden unter anderem seine bekannten Lampen (vgl. Lose 4, 10-12) oder Schmuck für Elsa Schiaparelli. Die Arbeiten entstanden immer im reduzierten Design von Alberto, die technische Um­­setzung oblag jedoch Diego. Diego war es auch, der mit seinem grossen Verständnis viel zur Ausformulierung der Arbeiten beitrug. Alberto ermächtigte seinen Bruder später, die von ihm entworfene Gebrauchskunst in Eigenregie herzustellen. Wäh-rend des Zweiten Weltkriegs begab sich Alberto ins Exil nach Genf, wo er 1943 auch seine spätere Ehefrau Annette Arm kennenlernte.
    Diego blieb die ganze Zeit in Paris, «hütete» das Atelier und entwickelte im Stillen seinen eigenen ornamentalen Formenschatz mit vegeta-ler und zoomorpher Ikonographie weiter. So entstanden neben seiner Arbeit für Alberto eigene Möbelentwürfe. Es folgten erste Grossaufträge, etwa 1964 für das «Café Diego» in der Fondation Maeght in Saint-Paul-de-Vence oder 1965 für die ­Kronenhalle Bar in Zürich. Bis in die 1960er-Jahre blieben Diegos Möbelentwürfe oft Einzelstücke oder adaptierte Varianten. Erst nach Albertos Tod im Jahr 1966 emanzipierte sich Diego vollends und setzte seine eigenen Ideen von Möbelentwürfen immer freier um. Es kamen weitere Grossaufträge hinzu, am bekanntesten sind wohl die ­Ausstattung des Palais der Kaiserin Farah Diba in Teheran und die Ausstattung des Musée Picasso in Paris. Diego wurde zu einem der bevorzugten Innenausstatter der internationalen Haute-Volée und seine Möbel zierten die Wohnhäuser der grossen Sammlerinnen und Sammler seiner Zeit. Das kleine Atelier an der 46, Rue Hippolyte-Maindron wurde rasch zu klein. Darum bezog Diego ein Haus in der Rue du Moulin Vert, in dem er bis zu seinem Tod im Jahr 1985 lebte und wirkte. Eberhard Korn-feld verkehrte oft bei ihm, ass in Diegos Stammlokal «Clos du Moulin» zu Abend und kaufte über die Jahre hinweg immer wieder Objekte für den Eigenbedarf: zuerst für ­seinen Wohnsitz in der Berner Altstadt, dann für ein Ferienhaus in Randogne und schliesslich für das Rot-haus bei Bolligen. Von Herzen danken wir der Familie Kornfeld für das grosse Vertrauen in unser Haus, das «Ebi» über 70 Jahre führte und prägte.

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