Borgonovo 1901 - 1966 Chur
1958, Guss von 1978
Bronze
80x23,2x31,5 cm
Auf der Plinthe seitlich rechts mit der gestanzten Signatur "Alberto Giacometti" und der gestanzten Nummer "00/6", auf der Rückseite geritzt bezeichnet "Susse Fondeur Paris"
Echtheitsbestätigung des Comité Giacometti, Paris, datiert vom September 2021, liegt in Kopie vor
Die Bronze figuriert im elektronischen Werkverzeichnis der Fondation Annette und Alberto Giacometti unter der Nummer AGD 2917
Slg. Annette Giacometti, Paris
Nachlass Annette Giacometti
Auktion Tajan, Paris, 11. Juli 1994, Los 16 (dort betitelt "Annette assise"), dort erworben von
Internationale Privatsammlung
Jacques Dupin, Alberto Giacometti, Paris 1962, pag. 285 reprod. (Gipsmodell)
Reinhold Hohl, Alberto Giacometti, Sculpture, Painting, Drawing, London 1972, vgl. pag. 256 reprod.
Jacques Dupin/Michel Leiris, Alberto Giacometti, Paris 1978, pag. 108 reprod. (anderer Guss)
Bernhard Lamarche-Vadel, Alberto Giacometti, Paris 1984, Kat. Nr. 223, pag. 154 reprod. (anderer Guss, dort betitelt "Grande femme assise, Annette")
Reinhold Hohl, Alberto Giacometti, Stuttgart 1987, pag. 256 reprod. (anderer Guss)
Saint-Paul-de-Vence 1978, Fondation Maeght, Alberto Giacometti, Kat. Nr. 102, pag. 108 reprod. (anderer Guss, dort betitelt und datiert "Annette assise, 1958")
Tokyo 1983, The Seibu Museum of Art, Alberto Giacometti Exposition, Kat. Nr. 44 (anderer Guss)
London 2016, Gagosian Gallery, In Search of the Absolute: Alberto Giacometti and Yves Klein
Sehr schöner, tadelloser Guss mit dunkelbrauner Patina, seitlich rechts am Oberschenkel und auf der Plinthe leicht grünlich
Mit "Grande femme assise“, oft auch als "Annette assise“ bezeichnet, stellt Alberto Giacometti seine Frau Annette Arm (1923-1993) in einer aussergewöhnlichen Art dar. Das vorliegende Werk entstand auf dem Höhepunkt seiner komplexen und bedeutenden Beziehung zwischen dem Künstler und seinem Modell, seiner Ehefrau. Mit dem Auftauchen von Annette im Œuvre von Giacometti Mitte der 1950er Jahre gibt es eine entscheidende Wende in seiner Kunst. Im Vergleich zu den spindeldürren, anonymen Frauenfiguren des vorangegangenen Jahrzehnts sind die Frauen der 1950er Jahre durch einen ausdrucksstärkeren Stil und eine Fülle der weiblichen Figur gekennzeichnet
Annette hatte wohl den tiefgreifendsten und nachhaltigsten Einfluss auf Giacomettis Werk, obwohl auch weitere starke Frauenfiguren den Künstler immer wieder inspirierten. Der vorliegenden Bronze ging zwei Jahre vorher, eine in den Massen kleinere, mit dem Titel „Annette assise" voraus. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Skulpturen, abgesehen von der Grösse, ist die Behandlung des Sockels. In der Version von 1956 ist das untere Ende der Figur mit dem im Verhältnis zur Grösse der Figur grossen Sockel durch eine breite keilförmige Form verschmolzen. Bei „Grande femme assise" ist die Figur mit ihrem kleinen Sockel durch eine schmale Säule verbunden.
In der Biographie des Künstlers schreibt Yves Bonnefoy über die vergleichbare, kleinere Version der Bronze „Annette assise“ von 1956: „Es ist eine Figur mittlerer Grösse, doch von überwältigender Monumentalität, ein Gegensatz, der uns nicht erstaunt in Anbetracht dessen, was wir über die Innerlichkeit und Über-Räumlichkeit in der Beziehung des Bildhauers zu seinen Modellen wissen. Annette sitzt nackt Modell, mit deutlich abgehobenem Kopf und hoher Stirn, die Hände flach vor sich hingelegt. Aufgrund des Sockels jedoch, der einem Amboss mit rechteckiger Basis gleicht, glaubt man, sie würde knien, wie ein ägyptischer Schreiber. Alberto verlieh ihr die Sicherheit dieses Schreibers, seine Weise, ausserhalb der Zeit zu atmen und unbeweglich im Absoluten vorzurücken, wie man das auch von Galionsfiguren kennt. Eher selten in Giacomettis Werk sind die Eleganz im Monumentalen, die Fülle und nicht zuletzt die Verführungskraft in der Darstellung des Körpers.“ (aus: Yves Bonnefoy, Alberto Giacometti, Eine Biografie seines Werkes, Bern 1992, pag. 417)
Die vorliegende Skulptur „Grande femme assise“, 1958 konzipiert, stammt vom Höhepunkt der monumentalen Veränderung in Giacomettis Schaffen