Auktion 288 : Edvard Munch - Meister der Druckgrafik 11.09.2025
820 Edvard Munch Løten 1863–1944 Oslo Zum Walde I – Towards the Forest I 1897. Farbholzschnitt auf dünnem Japan. 52,3×64,4 cm, Druckstock; 63,1 ×68,3 cm, Blattgrösse. Unten rechts vom Künstler in Bleistift signiert «EMunch», links bezeichnet «Nach demWalde». Blatt etwas knittrig und fleckig, minim imPapier gebräunt, mit leichten Griffspuren, links oben und rechts unten mit Reissnagelloch. Im rechten unteren Quadranten zwei Löcher im Papier. In sehr guter Erhaltung. Schätzung CHF 150000* Werkverzeichnis GerdWoll, Edvard Munch, The Complete GraphicWorks, Oslo 2012, Nr. 112/d/ II (v. e/III), eines der dort erwähnten Exemplare. Provenienz Graphisches Kabinett, München, wohl dort 1928 erworben von Slg. Arnold Budczies, Berlin, rückseitig mit dem Sammlerstempel. Ausstellungen München 1928, Graphisches Kabinett, Edvard Munch, Eine Auswahl aus dem graphischen Werk in neunundachtzig Originalen, Verkaufsausstellung, Kat. Nr. 29 Bremen 1970, Kunsthalle, Edvard Munch, Druckgraphik, Auswahl aus einer bremischen Privatsammlung, Kat. Nr. 55 Hamburg 2006, Kunsthalle, Edvard Munch, «… aus dem modernen Seelen leben», Kat. Nr. 223 Ingelheim 2022, Internationale Tage, Edvard Munch, Meisterblätter, S. 51. Der Holzschnitt «Zum Walde I» zählt zu Edvard Munchs zentralen Arbeiten im Spannungsfeld zwischen Naturbild und innerpsychischem Ausdruck. Im Vor- dergrund schreitet ein Paar in inniger Umarmung in ein dunklesWaldstück, der Weg scheint ungewiss. Die Szene ist einfach und fast traumartig komponiert und ist emotional aufgeladen. Der Gang in den Wald wird hier zum Sinnbild eines inneren Übergangs zwischen Bewusstsein und Unbewusstem, zwischen Leben und Tod, zwischen Ich und Welt. Der Wald vor den Figuren wirkt nicht bedrohlich im klassischen Sinn, mehr entrückt und symbolisch befrachtet, vgl. auch Los 959. Der Raum öffnet sich nicht, sondern zieht sich zusammen, der Weg scheint in die Tiefe der Seele zu führen. Munch schuf den Holzschnitt in einer Phase, in der er intensiv mit neuen druck- graphischen Techniken experimentierte. Die Komposition ist stark reduziert, die Flächen sind klar gegeneinander abgegrenzt. Munch nutzte dieMaserung des Holzstocks bewusst als bildnerisches Element, wodurch die Naturstruktur des Materials mit der dargestellten Landschaft korrespondiert. Diese «künst- lerische Materialität» verleiht dem Blatt eine unmittelbare physische Präsenz. «Zum Walde I» steht in enger Verbindung zu verwandten Motiven wie Angst, Melancholie oder Trennung, doch in seiner Stille und Konzentration wirkt die Stimmung gewissermassen meditativ. Es ist ein Bild des Übergangs, ein visuelles Gedicht über Abschied, Einsamkeit und die Suche nach einem Ort jenseits des Sichtbaren. Gedruckt in nur wenigen Exemplaren bei Lassally in Berlinmit einemDruckstock aus Esche und einem aus Eiche.
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