Auktion 288 : Edvard Munch - Meister der Druckgrafik 11.09.2025

814 Edvard Munch Løten 1863–1944 Oslo Loslösung II – Separation II 1896. Farblithographieauf festemVelin. 42×63,5cm, Darstellung; 50,6×65,1 cm, Blattgrösse. Unten rechts mit Dedikation «An mein Freund Weisz 1897», dar- unter vomKünstler in Bleistift signiert «EMunch». Blatt etwas imPapier gebräunt, mit leichtem Lichtrand, an den Rändern verschiedene hinterlegte Einrisse, Ecken minim knittrig und teilweise restauriert, rückseitig mit Montierungsspu- ren. In sehr guter Erhaltung. Schätzung CHF 250000* Werkverzeichnis Gerd Woll, Edvard Munch, The Complete Graphic Works, Oslo 2012, Nr. 78/a/ II (v. c), eines der dort erwähnten Exemplare. Provenienz Auktion Max Perl, Berlin, 23.–24. Oktober 1917, Los 597, dort erworben von Slg. Heinrich Stinnes (1867–1932), Köln, mit dem Sammlerstempel Lugt 4436 Aus dem Nachlass Stinnes von Carl Meder & Co, Berlin, um 1933–1936 ver- mittelt an Slg. Arnold Budczies, Berlin, rückseitig mit dem Sammlerstempel. Ausstellungen Frankfurt am Main 1952, Städelsches Kunstinstitut, Edvard Munch, Graphik, Kat. Nr. 34 Florenz 1964, Palazzo Strozzi, L’Espressionismo, pittura, scultura, architettura, Kat. Nr. 24 Bremen 1970, Kunsthalle, Edvard Munch, Druckgraphik, Auswahl aus einer bremischen Privatsammlung, Kat. Nr. 39 Hamburg 2006, Kunsthalle, Edvard Munch, «… aus dem modernen Seelen­ leben», Kat. Nr. 216 Ingelheim 2022, Internationale Tage, Edvard Munch, Meisterblätter, S. 54. Die Lithographie «Loslösung II» entstand 1896 in Paris, während EdvardMunchs wegweisender Auseinandersetzung mit den graphischen Künsten im inter­ nationalen Umfeld der französischen Druckwerkstätten. In diesem Jahr arbei- tete Munch eng mit dem renommierten Drucker Auguste Clot zusammen und experimentiertemit verschiedenen Techniken, darunter Lithographie, Mezzo- tinto und mehrfarbiger Holzschnitt. «Loslösung II» zählt zu den konzeptuell besonders dichten Lithographien dieser Phase und reflektiert eindringlich eines seiner zentralen Themen: die emotionale Trennung zweier Menschen. Das Blatt zeigt zwei Figuren: eine Frau, die den Kopf nach rechts in Richtung Meer wendet, und einen Mann, der in sich gekehrt nach unten schaut. Über den beiden wächst ein Zweig. Es scheint eine unsichtbare Kraft zu wirken. Der Moment des Abbrechens, des Trennungsschmerzes, ist bei Munch kein lauter, dramatischer Akt, sondern ein stiller, existenzieller. Es geht umdas Verblassen einer Verbindung, das Abfallen einer seelischen Nähe. Formal nutzt Munch in «Loslösung II» die Möglichkeiten der Lithographie mit grosser Klarheit. Die Komposition lebt vomKontrast zwischen Licht und Dunkel, Nähe und Entfernung. Inhaltlich gehört das Blatt klar zumKosmos des Lebens- frieses, in demMunch zentrale seelische Erfahrungen des modernenMenschen darstellt: Es geht umLiebe, Angst, Verlust und Tod. «Loslösung II» ist dabei eine Art Gegenbild zu «Der Kuss». Es zeigt keine Verschmelzung, sondern eine Trennung, keinen ekstatischenMoment, sondern den leisen Bruch. Undwie so oft bei Munch bleibt offen, wer sich hier löst und wer zurückbleibt. Blatt von grosser Seltenheit. Gedruckt von Auguste Clot in Paris.

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