Auktion 288 : Edvard Munch - Meister der Druckgrafik 11.09.2025
804 Edvard Munch Løten 1863–1944 Oslo Angst 1896. Farbholzschnitt auf Velin. 46×37,5 cm, Druckstock; 57,7×47,5 cm, Blatt- grösse. Unten rechts vom Künstler in Bleistift signiert «Edv Munch». Leichte Atelierspuren. Kaum sichtbare Flecken an den äusseren Blatträndern. Unten links eine kleine Abreibung im Papier. Sehr schöne Gesamterhaltung. Schätzung CHF 250000* Werkverzeichnis Gerd Woll, Edvard Munch, The Complete Graphic Works, Oslo 2012, Nr. 93/a (v. b), eines der dort erwähnten Exemplare. Provenienz Galerie Commeter, Hamburg, wohl dort 1930 erworben von Slg. Arnold Budczies, Berlin, rückseitig mit dem Sammlerstempel. Ausstellungen Hamburg 1930, GalerieCommeter, Hamburg, EdvardMunch Graphik-Ausstel- lung, Kat. Nr. 37 Frankfurt am Main 1952, Städelsches Kunstinstitut, Edvard Munch, Graphik, Kat. Nr. 31 Bremen 1970, Kunsthalle, Edvard Munch, Druckgraphik, Auswahl aus einer bremischen Privatsammlung, Kat. Nr. 36 Ingelheim 2022, Internationale Tage, Edvard Munch, Meisterblätter, S. 107. «Angst» ist nicht bloss ein Begleitwerk zum ikonischen Gemälde «Der Schrei» von 1893, sondern vielmehr dessen psychologisches Echo. Während «Der Schrei» die subjektive Panik eines Einzelnen darstellt, thematisiert «Angst» ein kollektives Gefühl. Die Gesichter mehrerer Menschen – frontale, maskenhafte Erscheinungen – schreiten in einer Reihe am Rand eines Fjords entlang. Ihre Blicke sind leer, ihre Münder geschlossen. Im Hintergrund ist ein grell-roter Himmel zu sehen, während das Wasser und die Landschaft von dunklen, drängenden Linien durchzogen sind. 1896 schuf er eine Lithographie mit dem gleichen Titel (vgl. Los 803), später noch einmal eine Lithographie (vgl. Los 956). ImGegensatz zur ersten Darstellung spiegelte er nun die Darstellung; im Zen- trum steht immer noch ein Mann mit Zylinder. Der Himmel ist ruhiger und flä- chiger gestaltet, wodurch die Szene noch bedrohlicher wirkt. Der Holzschnitt unterstreicht Munchs gestalterische Radikalität. Das Individuum wird in einer Welt gezeigt, die aus den Fugen geraten ist. Munch übersetzt dieses Lebensgefühl nicht in eine Erzählung, sondern in eine psychologische Topographie, wobei er den Holzschnitt als ideales Medium für emotionale Verdichtung und formale Abstraktion einsetzt. Das Blatt wurde vom Künstler selbst gedruckt. Er experimentierte und druckte zuerst das Recto des Druckstockes in Rot und Schwarz. Anschliessend über- druckte er die Komposition mit Gelb, indem er die Rückseite des Holzstocks verwendete. Ein Blatt von grosser Seltenheit.
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