Auktion 288 : Edvard Munch - Meister der Druckgrafik 11.09.2025
das Sammeln seiner Kunst wurde zu einer kontroversen Angelegenheit. Das Gleiche galt für die Kunst des deutschen Expres- sionismus. Trotzdem behielten es sich einige Sammler, darunter Arnold Budczies, vor, genau diese Kunst weiterhin zu sam- meln. Es überrascht kaum, dass diejenigen, die Munch förderten, auch die moderne deutsche Kunst unterstützten. Der Kauf dieser Werke trug nicht nur dazu bei, die Künstler zu unterstützen, sondern sorgte auch dafür, dass ihre Werke für die Nach- welt erhalten blieben. Budczies konnte die Drucke nicht, wie die hier bereits erwähnten Sammler, direkt von Munch beziehen, sondern war auf Auktio- nen und Kunsthändler angewiesen. In den 1930er-Jahren kameine grosse Anzahl von Munchs Graphiken auf den Markt, da frü- here Sammlungen aus den unterschied- lichsten Gründen aufgelöst wurden. Heinrich Stinnes’ Sammlung europäischer Druckgraphik, in der sich auch viele Blätter vonMunch befanden, umfasste bei seinem Tod im Jahr 1932 ungefähr 200000 Exem- plare. Die gesamte Sammlung wurde schliesslich verkauft, wobei Budczies 41 Drucke von Munch erwarb. Fast alle Blätter sindmit dem typischen Stempel von Stinnes versehen und daher leicht zu identifizieren. Als Curt Glaser 1933 aufgrund seiner jüdi- schen Abstammung seinen Direktoren- posten an der Kunstbibliothek aufgeben musste, verliess er Deutschland und ver- äusserte einen grossen Teil seiner Privat- sammlung. In der Sammlung von Budczies sind 42 Blätter aus dem Besitz von Curt Glaser registriert. Unter den Tiefdrucken aus diesen zwei Sammlungen befindet sich eine auffallende Anzahl von frühenAbzügen, experimentellen Drucken undZuständen, dieSchiefler bei der Erstellung seines Katalogs nicht bekannt waren. Aus der Sammlung von Stinnes stam- men auch einige spätere Graphiken, dar- unter Lithographien undHolzschnitte aus der Zeit von 1930, von denen viele von Munch selbst gedruckt worden waren. Die Samm- lungBudczies umfasst zudemeinige seltene Mehrfarbendrucke, zum Beispiel den Holz- schnitt Der Kuss I aus dem Jahr 1897, die Lithographie Loslösung II von 1896 und sechs von acht Schabkunstblättern, die Munch 1896/1897 in Paris drucken liess. Die Sammlung enthält auch eine vollständige Linde-Mappe, was sehr selten ist. 6 6 Linde betrachtete diese Mappe als eine ganz pri- vate Angelegenheit, die er in der Familie behalten wollte. Wahrscheinlich wurden nur 15 komplette Sätze gedruckt, obwohl einigeMotive auch sepa- rat gedruckt wurden. Siehe dazu Magne Bruteig: «... I would like you to create etchings of me andmy family». About the folder «From Max Linde’s House». Paris 2024 (https://www.forma.paris/ wp-content/uploads/2024/12/ESSAY20ON20MU NCH27S20LINDE20PORTFOLIO20BY20MAGNE 20BRUTEIG-compresso.pdf) Budczies starb imNovember 1943, nur zwei Monate vor seinem Zeitgenossen Edvard Munch. Budczies’ Frau Else schriebMunch imNamen ihresMannes einen Brief, in dem sie ihm zu seinem 80. Geburtstag am 12. Dezember gratulierte. Darin versicherte sie ihm, dass die Kunstsammlung trotz der durch die Bombenangriffe verursachten schweren Schäden an ihremBerliner Haus in Sicherheit sei. 7 Nach Angaben der Fami- lie wurde die Sammlung in ein Bauernhaus in Oberbayern evakuiert, wo sie auf dem Dachboden des Haupthauses gelagert wurde und den Krieg unversehrt überstand. Obwohl diese fast hundert Jahre alte Sammlung nun aufgelöst wird, werden die Blätter hoffentlich ein gutes Zuhause in privaten und öffentlichen Sammlungen finden, wo sie auch in Zukunft für Aus stellungen und Forschung zur Verfügung stehen werden. 7 Brief von Else Budczies an Edvard Munch, 14. Dezember 1943. Das Original befindet sich im Munchmuseet unter der Nummer MM.K.2065 (https://www.emunch.no/HYB RIDNo-MM_K2065.xhtml). Los 814 Loslösung II – Separation II, 1896
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