Auktion 288 : Edvard Munch - Meister der Druckgrafik 11.09.2025

aus den Sammlungen von Schiefler, Glaser und Hudtwalcker. In den 1920er- und 1930er-Jahren traten neue bedeutende Sammler von Munchs Graphiken auf, darunter Paul Rauert und Arnold Budczies in Deutschland, die umfangreiche Sammlungen aufbauten. Rückblickend muss man gestehen, dass diese Sammlungen etwas übergangen wurden. Erst in jüngster Zeit konnten For- scher Rauert als den ehemaligen Besitzer der grossen Graphiksammlung ausweisen, die 1939 bei City Auction in Oslo verstei- gert wurde. Der Name Budczies ist hin- gegen bis heute ein gut gehütetes Geheim- nis geblieben, obwohl Blätter aus seiner Sammlung durchaus in Ausstellungen zu sehen waren – am umfassendsten 1970 in der Kunsthalle Bremen. 4 4 Edvard Munch. Das Druckgraphische Werk. Aus- wahl aus einer bremischen Privatsammlung. Kunsthalle Bremen 3. Mai bis 28. Juni 1970. ImAus- stellungskatalog werden 152 Drucke genannt. Der Rechtsanwalt und Bankier Arnold Budczies war bereits in jungen Jahren ein Anhänger expressionistischer Kunst. Sein Interesse an moderner Kunst zeigte eine Seite seiner Persönlichkeit, dieman von ihm in seiner täglichen Arbeit als Rechtsanwalt und als langjährigesMitglied des Vorstands der Deutschen Reichsbank nicht gewohnt war. Budczies betätigte sich selbst künst- lerisch und war mit mehreren deutschen Künstlern befreundet. Wann genau er sich für Munchs Kunst zu interessieren begann, ist nicht geklärt, vermutlich hat er jedoch in den 1920er-Jahren mit dem Aufbau seiner Graphiksammlung begonnen. Bis zumAus- bruch des Krieges konnte er eine Samm- lung aufbauen, die sowohl quantitativ als auch qualitativ zu den grössten und bedeu- tendsten Sammlungen vonMunch-Graphik gehört. Budczies traf Munch ein einziges Mal im Jahr 1936, als er mit Hudtwalcker in Norwegen den Künstler Rolf Nesch besuchte. Nesch hatte drei Jahre zuvor Deutschland verlassen und sich in Munchs Heimat niedergelassen. Auch Neschs Graphiken waren in Budczies’ Sammlung gut vertreten. Auf seiner Norwegenreise sah Budczies zudemMunchs Dekorationen in der Aula der Universität Oslo. In einem Brief an seinen Freund Carl Hagemann schrieb er, dass diese bei ihm einen tiefen Eindruck hinterlassen hätten, und fügte an: «Wer diese Bilder nicht gesehen hat, der kennt Munch nicht.» 5 ImJahr 1931 trat Budczies in den Ruhestand und hatte somit mehr Musse, sich seiner eigenen künstlerischen Arbeit und dem Kunstsammeln zu widmen. Dies geschah jedoch zu einer Zeit, in der die Bedingungen für moderne Kunst in Deutschland immer schwieriger wurden. Munchs Werke wur- den schliesslich in deutschen Museen und Sammlungen als unerwünscht erklärt, und 5 Delf, Hans; von Lüttichau, Mario-Andreas; Scotti, Roland: Kirchner, Schmidt-Rottluff, Noøde, Nay …. Briefe an den Sammler undMäzenCarl Hagemann. 2004 Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit. Los 802 Nächtliche Strassenszene – Street Scene at Night, 1897

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