Auktion 287 : Kunst des 19. bis 21. Jahrhunderts 11.09.2025
324 Ferdinand Hodler Bern 1853–1918 Genf Auszug der deutschen Studenten in den Freiheitskrieg von 1813, Studie zu Einzelfigur 1908. Tuschpinsel über Bleistiftzeichnung auf Velin Fabriano mit Wasser- zeichen. 56×26 cm, Einfassungslinie; 59,4×30 cm, Blattgrösse. Unten rechts vom Künstler in Bleistift signiert und datiert «F. Hodler,/1908». Rückseitig mit dem Stempel «F. Hodler Archiv» und der Nummer «1003», signiert und datiert «C. A. Loosli/9. IX. 37». Mit Lichtrand und in den Ecken mit Reissnagellöchern. Rückseitig mit Abklatsch. In sehr guter Erhaltung. Schätzung CHF 20000* Werkverzeichnisse Loosli 1003 (Jena, Studie, 1908). Bätschmann/Mül- ler vgl. 1384. Provenienz GalerieMoos, Genf (1918). Slg. Paul ChavanGenf (bis 1937). Auktion Galerie Moos, Genf, 20. März 1937, Los 117, dort erworben von Slg. Arthur Stoll, Arlesheim, 1972 durch Erbschaft an Privatsammlung Schweiz. Auktion Galerie Kornfeld, Bern, 25. Juni 1993, Los 56, dort erworben von Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rückseitigmit demSamm- lerstempel, Lugt 913b. Literatur Marcel Fischer, Sammlung Arthur Stoll, Skulpturen und Gemälde des 19. und 20. Jahrhunderts, Zürich/Stuttgart 1961, Kat. Nr. 374, dort betitelt «Figur zu Der Auszug der Jenenser Studenten». Ausstellungen Genf 1918, Galerie Moos, Ferdinand Hodler, wohl Kat. Nr. 215. Basel 1943, Kunsthalle, Kunstwerke des 19. Jahrhunderts aus Basler Privatbesitz, Kat. Nr. 400. Amsterdam 1948, StedelijkMuseum, Ferdinand Hodler, Kat. Nr. 74 mit Abb. Vevey 1948, Musée Jenisch, F. Hodler, Collection du Prof. Dr. A. Stoll, Kat. Nr. 42 mit Abb. Neuenburg 1949, Musée des Beaux-Arts, B. Menn, F. Hodler, P. Pignolat, Collection du Prof. Dr. A. Stoll, Kat. Nr. 62 mit Abb. Zürich 1951, Helmhaus, Hodler als Historienmaler, Kat. Nr. 34. Genf 1963, Musée Rath, Ferdinand Hod- ler, Dessins, Kat. Nr. 160. Washington/NewYork/San Francisco/Chicago/ Basel 1967–1968, von Urs Graf bis Alberto Giacometti, Schweizer Meis- terzeichnungen aus fünf Jahrhunderten, Wanderausstellung organisiert von «Pro Helvetia», Kat. Nr. 101. Bern 1968, Kunstmuseum, Ferdinand Hodler, Ausstellung zum 50. Todestag, Kat. Nr. 154. Berlin/Paris/Zürich 1983, Nationalgalerie, Staatliche Museen Preussischer Kulturbesitz/ Musée du Petit Palais/Kunsthaus, Ferdinand Hodler, Kat. Nr. 108. Für die Arbeit am Wandgemälde «Auszug der deutschen Studenten in den Freiheitskrieg von 1813» (Bätschmann/Müller 1383) führte Hodler zahlreiche Kompositions- und Figurenstudien aus. Beim Modell für die Mittelfigur des einenMantel anziehenden Studenten (Bätschmann/Mül- ler 1284) handelt es sich umden 17-jährigenWalter Eucken (1891–1950), Sohn des Philosophen und Nobelpreisträgers Rudolf Eucken (1846– 1926), bei demHodler von April bisMai 1908wohnte. Laut Walter Eucken hielt Hodler ihn im Garten der Eltern mit Hilfe der Dürerscheibe in dutzenden von verschiedenen Stellungen fest. Von dessenMutter Irene Eucken (1863–1941), die sich sehr für zeitgenössische Kunst und Mode interessierte – E.L. Kirchner gestaltete 1916 einen ihrer Kleiderkataloge – undGeschäftsführerin der Gesellschaft der Kunstfreunde von Jena und Weimar war, erhielt Hodler 1907 die offizielle Anfrage für ein Wandbild zum «Auszug der deutschen Studenten in den Freiheitskrieg von 1813». Die Gesellschaft der Kunstfreunde von Jena und Weimar überreichte am 14. November 1909 das Wandgemälde von Ferdinand Hodler der Universität Jena. Anlass für die Schenkung waren die Gedenkfeier zum 350-jährigen Bestehen der Universität im Jahr 1908 und die Einweihung des neuen Gebäudes am 1. August desselben Jahres. Der historische Bezug war der Aufruf Preussens zumWiderstand gegen Napoleon, der sich auch an die Studenten in Jena richtete. Allerdings lässt sich ein Auszug von Jenenser Studenten nicht belegen. Vielmehr hatten sich einzelne Studenten im Frühjahr 1813 aus Jena entfernt, um sich verschiedenen preussischen Truppenteilen anzuschliessen. Die Geschichte der in den Krieg gegen den französischen Kaiser ziehenden Jenenser Studenten war folglich ein Mythos, der wie viele Befreiungs- kriege zu Propagandazwecken genutzt wurde, um die nationale Einheit und den kollektiven Widerstand heraufzubeschwören. Die Bezeichnungen «Aufbruch» respektive «Auszug der Jenenser Studenten» für das Wandgemälde tauchen verschiedene Male in der Literatur auf und führten zu Unsicherheiten in der Titelgebung. Hodler fertigtemit demselben Sujet der Mittelfigur eine Lithographie an, die imOktober 1908 als Jahresgabe an die Passivmitglieder der GSMBA vergeben wurde (In: Oskar Bätschmann/Paul Müller, Ferdinand Hodler, Catalogue raisonné der Gemälde, Band 3, Figurenbilder, Teilband 2, Zürich 2017, S. 367–373).
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