Auktion 287 : Kunst des 19. bis 21. Jahrhunderts 11.09.2025
323 Théodore Géricault Rouen 1791–1824 Paris Boxeurs 1818. Lithographie auf Velin. 35×41,5 cm, Darstellung; 37,5×43,5 cm, Blattgrösse. Unter der Darstellung mit dem gedruckten Titel und der Adresse des Druckers Charles Motte. Mit leichten Knittern undminimen Flecken, insgesamt in schöner Druckqualität und Erhaltung. Schätzung CHF 40000* Werkverzeichnis Delteil 10/II. Provenienz Slg. Albert Maroni, Paris, 1852–1923, unten links mit dem Sammlerstempel, Lugt 150b. Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rückseitig mit dem Sammlerstempel, Lugt 913b. Ausstellung Salzburg/Winterthur 1984/1985, Rupertinum/Kunst museum, Von Goya bis Warhol, Meisterwerke der Graphik des 19. und 20. Jahrhunderts aus einer Schweizer Privatsammlung [Slg. EberhardW. Kornfeld], Kat. Nr. 15. Nach einem längeren Aufenthalt in Italien schuf Théodore Géricault im Jahr 1817 seine erste Lithographie, «Bouchers de Rome». In der Folge entstand eine Reihe von Arbeiten, die, wie das vorliegende Blatt, zu den herausragendsten Beispielen der frühen Lithographien gezählt werden können. DasMediumwar relativ neu: Es wurde 1796 von Alois Senefelder als kostengünstiges Druckverfahren für Partituren und Landkarten in München erfunden. Seine erste Blütezeit erreichte die Lithographie in den 1820er-Jahren, als sich auch in der französischen Hauptstadt Litho- graphie-Werkstätten niederliessen, wie die von Godefroy Engelmann oder Charles Motte, dem Verleger dieser Arbeit. Die Drucktechnik bot den Künstlern eine grosse zeichnerische Freiheit und sie schätzten sie für die Fähigkeit, die Feinheiten ihrer in Bleistift, Kreide oder Tinte gesetzten Linien wiedergeben zu können «Boxeurs» ist neben «Retour de Russie» aus demselben Jahr eine Ikone im graphischen Schaffen des Künstlers. Das Blatt zeigt zwei Sportler bei einem Boxkampf unter freiem Himmel vor einem Kreis männlicher Zuschauer. Die Protagonisten, ein Schwarzer und ein Weisser, sind bis zur Hüfte entkleidet, die Muskeln angespannt und die Fäuste erhoben und zumAngriff bereit. Ihre Haltungen sind symmetrisch, doch Géricault schafft es, die Kontraste zwischen den beiden Figuren nicht nur durch ihre Posen und die Farbe der Haut zu verstärken, sondern auch durch die bewusste Kombination lithographischer Zeichentechniken: So ist der Oberkörper des schwarzen Boxers mit scharfen Feder- und Tuschelinien modelliert, während sein Unterkörper, die Reithosen und die Lederschuhe mit weicher Kreide wiedergegeben sind. Für den weissen Boxer wird die Technik umgekehrt. Die Figuren scheinen mit gleicher Dominanz posi tioniert, es gibt keinen Hinweis auf einen Gewinner oder Verlierer. Boxen galt zu Beginn des 19. Jahrhunderts als englischer Volkssport und fand durch Boxvorführungen in Frankreich grossen Anklang. «Boxeurs» ist ein seltenes Blatt, Loys Delteil konnte in seiner Publikation «Le Peintre Graveur Illustré» lediglich 10 Exemplare des II. Zustands mit der Schrift nachweisen, wovon sich 5 Exemplare schon damals in öffent- lichen Sammlungen befanden. Das Blatt darf zu den Meisterwerken der frühen Lithographie gezählt werden.
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