Auktion 287 : Kunst des 19. bis 21. Jahrhunderts 11.09.2025

201 Cuno Amiet Solothurn 1868–1961 Oschwand Selbstbildnis 1917. Öl auf Leinwand. 46×38 cm. Unten rechts vom Künstler monogrammiert «CA». Auf dem originalen Chassis, in der alten Nagelung. In farbfrischer und sehr guter Erhaltung. Schätzung CHF 17500* Werkverzeichnis  Müller/Radlach, 1917.05. Provenienz  Slg. Gertrud Dübi-Müller, Solothurn (bis 1980). Auktion Galerie Kornfeld, Bern, 26. Juni 1981, Los 69, dort erworben von Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rück- seitig mit dem Sammlerstempel, Lugt 913b. Literatur  George L. Mauner, Cuno Amiet, Zürich 1984, S. 16. Karin Plaschy-Huchler, Du selbst bist dein Hauptwerk, Cuno Amiets Selbstbildnisse zwischen Selbstpropa- ganda und künstlerischer Selbstreflexion, Diss. Univ. Zürich 2012 (Typoskript, S. 34), dort 1928 datiert. Ausstellung  Langenthal 1994, Kunsthaus, Cuno Amiet, Ein Leben in Selbstbildnissen, Kat. Nr. 88, dort 1928 datiert. Das undatierte Selbstbildnis zeigt den Künstler in der gleichen räumlichen Situation wie das Selbstporträt von 1918 (Müller/Radlach 1918.01). Auch das kleine Hochformat links des Kopfes ist in beiden Bildern zu erkennen. Als markanteste Abweichung fällt die unterschiedliche Farbgebung der Fliege auf. Die rote Masche erscheint in einer ganzen Reihe von Selbstporträts aus demJahr 1917 (Müller/Radlach 1917.01–1917.04, 1917.06). Alle diese Werke weisen zudem in etwa das gleiche, von Amiet oft für Porträts verwendete Format auf, wie das vorliegende Selbstbildnis (es handelt sich umdas französische Standardformat «figure, Nr. 8», 46×38 cm). ImUnterschied zum Selbstporträt von 1918 (Müller/Radlach 1918.01) stellt sich Amiet überdies nicht beim Malen dar, sondern in Form eines frontalen Brustbildnisses, wie bei den gemalten Selbstporträts von 1917. Eine Datierung in das Jahr 1917 drängt sich somit auf. Einen weiteren entscheidenden Hinweis liefert das am rechten Bildrand fragmentarisch wiedergegebene Gemälde. Es ist als seitenverkehrt dargestellte rechte obere Ecke eines der Panneaus des Jungbrunnen-Zyklus für das Zürcher Kunsthaus zu identi­ fizieren (Müller/Radlach 1917.31). Amiet hatte die Arbeit an diesem monumentalen Dekorationsauftrag im Mai 1917 beendet. Anfang 1918 führte er in situ die letzten Anpassungen an den installierten Leinwänden im Kunsthaus Zürich aus. Das vorliegende Selbstbildnis entstand also wohl kurz nach der Fertigstellung des Jungbrunnens, noch bevor die Gemälde 1917 nach Zürich transportiert wurden (In: Müller/Radlach 1917.05). 202 Cuno Amiet Solothurn 1868–1961 Oschwand Studie zu «Die Hoffnung» (recto) – Studie zu «Die Hoffnung» (verso) 1901. Öl auf Karton. 34,5×26 cm. Recto und verso unten rechts vomKünstler mono- grammiert «CA». Recto unten rechts mit altem Schnitt im Karton, stellenweise mit feinen Krakelüren und sehr kleinen Farbfehlstellen. An allen vier Kartonrändern bestossen. Verso mit mehreren kleinen Farbverlusten. In guter und farbfrischer Erhaltung. Schätzung CHF 12500* Werkverzeichnis  Müller/Radlach, 1901.02/1901.03. Provenienz  Slg. Gertrud Dübi-Müller, Solothurn (1980), durch Erbschaften an Privatsammlung Deutschland. Ausstellung  Solothurn 1938, Museumder Stadt Solothurn, Cuno Amiet 1868–1938, Ausstellung aus öffentlichem und privatem Solothurner Besitz zum 70. Geburtstag des Künstlers, Kat. Nr. 25 (dort datiert «1902»), mit Etikett auf der Rückseite. Das vorliegende Werk ist eine Studie zum Hauptbild der ersten Fassung der «Hoffnung» (Müller/Radlach 1902.09). «Die Hoffnung» gilt als die ehrgeizigste Komposition von Cuno Amiets symbolistischer Phase der Jahre um die Jahrhun- dertwende. Der Titel stammt vom Künstler selbst. Hinter dem Titel und der Ikono­ graphie verbergen sich biographische Ereignisse. ImFrühling 1901, als Amiet an der ersten Fassung arbeitete, war seine Frau Anna schwanger und stand für das Bild Modell. Ende September kam das Kind tot zur Welt. Dieses Erlebnis war der unmit- telbare Anlass für die Neufassung des Bildes, das um die zweifache Allegorie des Todes ergänzt wurde. Es befindet sich heute imKunstmuseumOlten (Müller/Radlach 1902.10). Über den von Amiet nie verheimlichten persönlichen Bezug beabsichtigte er einen universalen menschlichen Zustand der Zerbrechlichkeit und Vergänglich- keit des Lebens zu stellen: die Zusammengehörigkeit vonGeburt und Tod, von Freude und Schmerz, von Licht und Schatten (In: Müller/Radlach, S. 192).

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