Auktion 285 : Ausgewählte Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025

Paris, 25. März 1935. Strichätzung, Kupferstich, überarbeitet mit dem Schaber, auf Montval Bütten mit Wasserzeichen. 49,5×69,2 cm, Plattenkante; 56,4×77,2 cm, Blattgrösse. Unten rechts um 1947 sig- niert «Picasso». Mit Reissnagellöchern in den oberen Ecken. An den Rändern kaum sichtbare Spuren einer altenMontierung, ebenso auf der Rückseite, dort deutlicher erkennbar. Prachtvoller, tiefschwarzer Druck in sehr guter Erhaltung Schätzung CHF 1000000 * Werkverzeichnisse Brigitte Baer, Picasso, peintre-graveur, catalogue raisonné de l’œuvre gravé et des monotypes 1935–1945, Bd. III, Bern 1984, Nr. 573/VII/B/c/4 (v. C) Brigitte Baer, Picasso, peintre-graveur, Addendum aux tomes I à VII, Bern 1996, Nr. 573, eines der dort erwähnten Exemplare Georges Bloch, Pablo Picasso, Katalog des graphischen Werkes 1904–1967, Bd. I, Bern 1971, Nr. 288 Provenienz Galerie Heinz Berggruen, Paris Privatsammlung Deutschland Auktion Galerie Kornfeld, Bern, 22. Juni 1990, Los 112 Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rückseitigmit demSammlerstem- pel, Lugt 913b Ausstellungen Paris 1964, Galerie Berggruen, Picasso, 60 ans de gravures, Kat. Nr. 111 Freiburg 1994, Musée d’art et d’histoire, Pablo Picasso, Gravures et lithographies, Kat. Nr. 159 Davos 1998/1999, Kirchner Museum, Werke aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Kat. Nr. 51 Bern 2001/2002, Kunstmuseum, Picasso und die Schweiz, Kat. Nr. 113 (mit Abb. eines anderen Exemplars) Hamburg 2002/2003, Bucerius Kunst Forum, Picasso und die Mythen, Kat. Nr. 75 (mit Abb. eines anderen Exemplars) Wien 2008/2009, Albertina, Wege der Moderne, Aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Kat. Nr. 39 Bern 2010, Zentrum Paul Klee, Klee trifft Picasso, Abb. S. 223 Vevey 2018, Musée Jenisch, Picasso, Lever de rideau, l’arène, l’atelier, l’alcôve, Kat. Nr. 41 Am Samstag, 23. März 1935, sass Picasso im Atelier von Roger Lacourière in Paris und begann mit der Arbeit an einer grossen Kupferplatte. Das Bild, das er in den nächstenWochen bis am3. Mai in aufwändiger Detailarbeit schuf, wurde als «LaMinotauromachie» bekannt und gilt als eines der wichtigsten graphischen Werke des 20. Jahrhunderts. In der komplexen Radierung verschmelzen mythologische Symbolik, autobiographische Elemente und politi- sche Vorahnung zu einer tiefen Allegorie der menschlichen Exis- tenz und inneren Zerrissenheit. Im Zentrum der Komposition steht der Minotaurus - halb Mensch, halb Tier -, der mit erhobenem Arm eine auf einem Pferd liegende halbnackte Frau zu bedrohen scheint. Links steht ein kleines Mäd- chen mit brennender Kerze in der ausgestreckten linken Hand. Diemeisten Interpretationen von «LaMinotauromachie» beginnen mit dem Verweis auf Ereignisse aus Picassos Leben zu dieser Zeit. Gegenüber Douglas Duncan bezeichnete Picasso die Zeit vom Winter 1934 bis zumSommer 1935 als «die schlimmste Zeit meines Lebens». Im Juni 1935 verliess ihn seine FrauOlga endgültig, nach- dem sie erfahren hatte, dass seine junge Geliebte Marie-Thérèse Walter schwanger war. «La Minotauromachie» ist denn auch voller autobiographischer Verweise. Picasso begann in den frühen 1930er-Jahren, das Bild des Minotaurus als sein eigenes Alter Ego zu verwenden. Die nackte Frau auf dem Bild trägt klar die Züge von Marie-Thérèse Walter und scheint schwanger zu sein. DasMädchenmit der Kerze wird als Symbol der Unschuld und Hoffnung gedeutet, während die übrigen Figuren menschliches Leiden, Ohnmacht und die Suche nach Sinn verkörpern. Mit dieser eindrucksvollen Arbeit vereint Picasso Mythos und Moderne, persönliches Drama und kollektive Erfahrung in einem der vieldeutigsten und kraftvollsten Blätter seines graphischen Œuvres. Das Blatt war nicht frei erwerbbar und Picasso wählte sorgfältig aus, wer ein Blatt von «La Minotauromachie» und damit ein Stück seiner eigenen Mythologie besitzen durfte. Die Auflage vom VII. und endgültigen Zustand wurde von Lacou- rière im Herbst 1935 ausgedruckt, die Rechnung lautete auf «55 épreuves» (s. Baer, Addendum, Bern 1996, S. 29). Vielleicht ent- standen aber auch 65 Abzüge. Für die eigentliche Auflage sah Picasso 50 Exemplare vor, doch wurden nur ca. 20 Exemplare auf 50 nummeriert. Weitere Blätter wurden von Picasso entweder nur signiert, teilweise ohne weitere Bezeichnungen dediziert und ein- zelne mit der Bezeichnung «une des trente épreuves» versehen. 23 Exemplare blieben unsigniert im Nachlass. Die grossformatige «La Minotauromachie» gilt als Hauptblatt aus dem graphischen Werk des Meisters. 91 Pablo Picasso Málaga 1881–1973 Mougins La Minotauromachie

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ4OTU=