Auktion 285 : Ausgewählte Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025
Paris, September 1904. Radierung und Schabeisen auf Zink, auf Velin Van Gelder mit Wasserzeichen. Druck der verstählten Platte. 46,5×37,7 cm, Plat- tenkante; 65,6×51,3 cm, Blattgrösse. Das Papier leicht gebräunt undmit Licht- rand. Rückseitig mit Spuren einer alten Montierung. In sehr guter Erhaltung Schätzung CHF 150000 * Werkverzeichnisse Bernhard Geiser/Brigitte Baer, Picasso, peintre-graveur, catalogue raisonné de l’œuvre gravé et des monotypes 1899–1931, Bd. I, Bern 1990, Nr. 2/II/b/2 (v. c) Georges Bloch, Pablo Picasso, Katalog des graphischen Werkes 1904–1967, Bd. I, Bern 1971, Nr. 1 Provenienz Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rückseitigmit demSammlerstempel, Lugt 913b Ausstellungen Basel/Hovikodden 1975/1977, Kunstmuseum/Henie-Onstad Kunstsenter, Meis- terwerke der Graphik von 1800 bis zur Gegenwart, Kat. Nr. 206b Salzburg/Winterthur 1984/1985, Rupertinum/Kunstmuseum, Von Goya bis Warhol, Meisterwerke der Graphik des 19. und 20. Jahrhunderts aus einer Schweizer Privatsammlung [Slg. Eberhard W. Kornfeld], Kat. Nr. 181/b Bern 1982, Galerie Kornfeld, Pablo Picasso, Graphische Werke 1904–1972, Kat. Nr. 2 Freiburg 1994, Musée d’art et d’histoire, Pablo Picasso, Kat. Nr. 1 Krumau 1995, Egon Schiele Centrum, Pablo Picasso, ohne Kat. Neuss/München 1996/1997, Clemens-Sels-Museum/Villa Stuck, Rainer Maria Rilke und die bildende Kunst seiner Zeit, Kat. Nr. 78 Genf 1999/2000, Musée Rath, Steinlen et l’époque 1900, S. 182 Riehen 2003, Fondation Beyeler, Expressiv!, S. 194 Bern 2010, Zentrum Paul Klee, Klee trifft Picasso, S. 70 Florenz 2011, Palazzo Strozzi, Picasso, Miró, Dalí, Kat. Nr. 4.13 Spiez 2015, Schloss, Pablo Picasso, Von Gauklern, Frauen und Stierkämpfen, ohne Kat. «Le repas frugal» entstand 1904 in Paris, kurz nachdem Pablo Picasso endgül- tig von Barcelona in die französische Hauptstadt übersiedelt war. Es ist eines der ikonischenWerke seiner Blauen Periode, in der er sich intensiv mit Themen wie Armut, Einsamkeit, Krankheit und sozialer Ausgrenzung beschäftigte. Die Figuren in der Radierung sind keine Phantasiegestalten, sondern basieren auf realen Menschen, die Picasso kannte oder in Montmartre beobachtete. Die dargestellte Frau soll auf eine Prostituierte zurückgehen, die auch in anderen Werken der Blauen Periode erscheint. Der Mann – dünn, mit eingefallenen Wangen und leerem Blick – trägt Züge des archetypischen Saltimbanque (Gaukler), eine Figur, die Picasso fasziniert hat. Der Gaukler ist ein Sinnbild für den Künstler selbst. Zusammen sitzen die beiden bei einem kargen Mahl. «Le repas frugal» wurde später Teil der berühmten «Suite des Saltimbanques», einer Serie von 15 Radierungen, die Picasso grösstenteils zwischen 1904 und 1905 anfertigte. Nach wenigen Drucken von der unverstählten Platte in den Jahren 1904 und 1905, die meist von Eugène Delâtre in Paris abgezogen wur- den, erwarb der Pariser Verleger Ambroise Vollard sämtliche Platten der Folge, liess sie verstählen und publizierte die Folge 1913 in 27 oder 29 Drucken auf Japan sowie in ursprünglich 250 Exemplaren auf Velin. Von diesen sind jedoch sehr viele Exemplare verloren gegangen. In «Le repas frugal» verschmelzen persönliche Erfahrung und soziale Empathie. Der junge Picasso, damals selber von Armut, Aussenseitertum und frühen Verlusten betroffen, fand in der Darstellung von Leidensfiguren eine universelle Bildsprache. Trotz der Verzweiflung erscheint das Paar nicht gänzlich verlassen: Eine kraftvolle Form der Verbundenheit bleibt spürbar. So wird die Radierung zu einem Sinnbild existenzieller Befindlichkeit jenseits von Zeit und Ort. Die Radierung kündet von der unvergleichlichen Kraft einer Kunst, die das Leid nicht bloss illustriert, sondern förmlich spürbar macht. 87 Pablo Picasso Málaga 1881–1973 Mougins Le repas frugal
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