Auktion 285 : Ausgewählte Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025
1921. Papiercollage auf leichtem Karton bzw. Zeitungspapier. 17,9×14,4 cm, Originalpassepartout-Ausschnitt; 21×17 cm, Collage; 29,2×23 cm, Karton. Unten rechts auf dem Passepartout vom Künstler in Tinte signiert und datiert «Kurt Schwitters. 1921», unten links mit der Werknummer und dem Titel «Mz 331./Goldkaro.», rückseitig vom Künstler nochmals mit der Werknummer und einem weiteren Titel «Mz 331 / Serie A». In Originalmontierung. Leichter Ober- flächenschmutz. Gebräunt undmit Lichtrand. Rückseitigmit Spuren einer alten Montierung. In sehr gutem Erhaltungszustand Schätzung CHF 150000 * Werkverzeichnis KarinOrchard/Isabel Schulz, Kurt Schwitters, Catalogue raisonné, Bd. 1, 1905– 1922, Hannover 2000, Nr. 890 Provenienz Nachlass des Künstlers, durch Erbschaft an Slg. Ernst Schwitters, Lysaker Auktion Kornfeld & Cie., Bern, 9. Juni 1977, Los 859, dort erworben von Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rückseitigmit demSammlerstempel, Lugt 913b Ausstellungen Hamburg 1922, Graphisches Kabinett Georg Maulhardt, ohne Kat. Bern 1989, Kunstmuseum, Von Goya bis Tinguely, Aquarelle und Zeichnungen aus einer Privatsammlung [Slg. Eberhard W. Kornfeld], Kat. Nr. 168 Basel 2004, Tinguely Museum, Kurt Schwitters, Merz – ein Gesamtweltbild, Kat. Nr. 56 Die «Merzzeichnung 331 – Goldkaro» aus dem Jahr 1921 ist ein prägnantes Beispiel für Kurt Schwitters’ konsequenteWeiterentwicklung der Collagekunst zur autonomen Bildform. Die Komposition kombiniert verschiedenfarbige Papiere, Druckschnipsel und imZentrumdas namensgebende goldene «Karo» (Quadrat) zu einer ausgewogenen, spannungsvollen Bildarchitektur. Montiert sind die Papiere auf eine Zeitungsseite des Berliner Börsen-Couriers Nr. 564. ImZentrumder Arbeit steht das Verhältnis von Struktur und Zufall. Das goldene Karo, vermutlich einem Luxuspapier oder Verpackungsmaterial entnommen, ist nicht bloss ein dekoratives Element, sondern fungiert als ästhetischer Anker, der die umgebenden Formen und Texturen rhythmisiert. Die gezielte Platzie- rung verweist auf Schwitters’ intensives Interesse an bildnerischer Ordnung jenseits des blossen Zufallsprinzips der Dada-Collage. Seine Merzbilder sind durchkomponiert und zeugen von einem feinenGespür für Farbe, Formbalance und Materialvielfalt. «Goldkaro» ist zugleich Ausdruck seiner materialistischen Ästhetik, in der All- tagsobjekte, ob wertlos oder glänzend, in ein neues poetisches System über- führt werden. In einer Zeit ökonomischer Not nach demErstenWeltkriegwurde das Sammeln und Kombinieren von Fundstücken damit nicht nur zur Notwen- digkeit, sondern zur künstlerischen Strategie. Schwitters erhob das scheinbar Banale zur Kunst, ohne es zu verfremden, die Teile erhöhten die Komposition durch eine neue Kontextualisierung. Formal lassen sich in «Goldkaro» konstruktivistische Einflüsse erkennen, etwa im geometrischen Aufbau oder in der klaren Flächenorganisation. Es ist eine visuelle Partitur, die zugleich spielerisch, empfindsam und präzise wirkt. Mit dieser Merzzeichnung positioniert sich Schwitters einmal mehr jenseits tradi- tioneller Gattungen zwischen Collage, Malerei, Graphik und Objektkunst. 84 Kurt Schwitters Hannover 1887–1948 Ambleside Merzzeichnung 331 – Goldkaro
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