Auktion 285 : Ausgewählte Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025
1904. Werknummer 1904.10 (Januar 1904). Radierung auf Kupfer auf festem Velin. 14,6×15,8 cm, facettierte Platte; 16,1×21 cm, Blattgrösse. Unten rechts vom Künstler in Bleistift signiert und mit der Werknummer «Paul Klee 1904.10», unten links bezeichnet «Komiker I Kupfer. nur 2 Abzüge/ Platte zerstört». Mit ganz leicht gebräuntem unteren Rand. Ein sehr schöner Druck in gutem Erhal- tungszustand Schätzung CHF 150000 * Werkverzeichnis EberhardW. Kornfeld, Verzeichnis des graphischenWerkes von Paul Klee, Bern 2005, Nr. 9 Provenienz Slg. Heinrich Stinnes 1867–1932, Lugt 4436 Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rückseitigmit demSammlerstempel, Lugt 913b Ausstellungen Lugano 2013, Museo d’Arte, Paul Klee, Fausto Melotti, Kat. Nr. 1 Bern 2015/2016, Zentrum Paul Klee, Klee in Bern 3, ohne Kat. Paul Klees frühe Radierung «Der Komiker» gehört zu den graphischen Arbeiten, in denen sich seine lebenslange Auseinandersetzungmit Identität, Maskierung und gesellschaftlicher Rolle erstmals deutlich zeigt. Das hier angebotene Blatt entstand 1904, als Klee noch am Beginn seines künstlerischen Weges stand, aber bereits seine charakteristische Handschrift entwickelt hatte: ein feines Gespür für Ironie, Introspektion und formale Reduktion. Sicherlich inspirierten ihn dabei Besuche im Münchner Kupferstichkabinett, wo er etwa Werke von William Blake oder Francisco de Goya studierte. In der Darstellung begegnet uns eine clowneske Figur mit übertriebener Mimik. Die Figur trägt eine Maske, die förmlich mit dem Kopf verbunden scheint. Mit Maske wirkt der Komiker lustig, ohne Maske jedoch verloren, vielleicht sogar traurig. Dieses Spannungsverhältnis spiegelt Klees Interesse an der mensch- lichen Psyche und der Rolle des Künstlers in der Gesellschaft wider. Klee selbst sah in der Komik nicht nur Unterhaltung, sondern auch eineMöglichkeit, Wahr- heit zu offenbaren – über sich selbst und die Welt. «Der Komiker» darf somit als früher Hinweis auf Klees späteres Verständnis der Kunst gelesen werden: als ein ständiges Spiel mit Erscheinung und Bedeutung sowie als Ausdruck des Äusseren und des Inneren. Hinter der vermeintlichen Leichtigkeit der Darstellung verbirgt sich eine leise Melancholie. Das Thema des Komikers schien ihn länger zu faszinieren. 1903 schuf er eine erste Version (I. Fassung «A»), 1904 folgte die hier angebotene I. Fassung «B». Von letzterer Fassung sind bloss drei Abzüge bekannt (auch, wenn Klee mit Bleistift schrieb «nur 2 Abzüge/Platte zerstört»). Zwei Drucke befinden sich inMuseen, das hier vorliegende Blatt ist das einzige, das noch in Privatbesitz ist. Das Blatt gilt als eine der grössten Seltenheiten im graphischenŒuvre des Künstlers. Noch im selben Jahr schuf er schliesslich «Der Komiker» in der II. Fassung, die in einer Gesamtauflage von 100 Abzügen gedruckt wurde. 71 Paul Klee Münchenbuchsee bei Bern 1879–1940 Muralto Komiker – Inv. 4 I. Fassung «B»
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