Auktion 285 : Ausgewählte Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025

1921–1922. Pinsel in Tusche, mit Deckweiss gehöht und korrigiert, auf Kupfer- druckpapier. 52,6×34,3 cm. Unten rechts von der Künstlerin in Bleistift signiert und bezeichnet «Käthe Kollwitz / Zeichnung zu Wittwe / Folge Krieg». Aus drei zusammengesetzten Papieren, mit Reissnagellöchern in den Ecken und teil- weise in den Rändern. Das Papier etwas gewellt undminimgebräunt mit Licht- rand. Rückseitig mit Spuren einer alten Montierung Schätzung CHF 200000 * Werkverzeichnis Werner Timm/OttoNagel (Hrsg.), Käthe Kollwitz, Die Handzeichnungen,Œuvre- Katalog, Stuttgart 1980, Nr. 856 Provenienz Slg. Erich Cohn, New York Slg. Eberhard W. Kornfeld, Bern, rückseitig auf der Unterlage mit dem Samm- lerstempel, Lugt 913b Literatur Herbert Bittner, Kaethe Kollwitz, Drawings, New York/London 1959, Abb. 90 Ausstellungen Bern 1989, Kunstmuseum, Von Goya bis Tinguely, Aquarelle und Zeichnungen aus einer Privatsammlung [Slg. Eberhard W. Kornfeld], Kat. Nr. 99 Gingins/Vevey 1994, Fondation Neumann/Musée Jenisch, Käthe Kollwitz, Kat. Nr. 117 Berlin 1995, Käthe-Kollwitz-Museum, Käthe Kollwitz, Schmerz und Schuld, Kat. Nr. 97 Davos 1998/1999, Kirchner Museum, Werke aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Kat. Nr. 22 Köln 2001, Käthe Kollwitz Museum, «Seitdem ich in Holz schneide lockt da vieles», Der Holzschnitt bei Käthe Kollwitz Wien 2008/2009, Albertina, Wege der Moderne, Aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Kat. Nr. 83 Zürich 2023, Kunsthaus Zürich, Stellung beziehen, Käthe Kollwitz, Kat. Nr. 104 «Ich habe immer versucht, den Krieg zu gestalten. Ich konnte es nie fassen. Jetzt endlich habe ich eine Folge von Holzschnitten fertiggemacht, die eini- germassen das sagen, was ich sagen wollte. […]. Diese Blätter sollen in alleWelt wandern und sollen allen Menschen sagen: so war es – das haben wir alle getragen durch diese unaussprechlich schweren Jahre.» Das schrieb Käthe Kollwitz im Oktober 1922 in einem Brief an Romain Rolland. Nachdem ihr jün- gerer Sohn Peter als Freiwilliger am 22. Oktober 1914 gefallen war, setzte sich Käthe Kollwitz sehr intensiv mit dem Ersten Weltkrieg und seinen Folgen aus- einander. Ihre Trauer und diese schmerzhafte Erfahrung führten zu einer ein- drücklichen Aufarbeitung des Kriegstraumas, die in der siebenteiligen Holz- schnittfolge «Krieg» kulminierte. Die Folge erschien schliesslich 1923 alsMappe imVerlag Emil Richter in Dresden in verschiedenen Auflagen. Wie immer stan- den vor der graphischen Umsetzung Vorarbeiten in verschiedenen Techniken an. Kollwitz entwickelte die Motive zuerst auch im Tiefdruck und in der Litho- graphie, wählte dann aber den Holzschnitt für die Folge aus. Von «Die Witwe I» (Knesebeck 175), dem vierten Blatt der Reihe, sind vier Vor- arbeiten bekannt, darunter die hier angebotene. Sie stellt die am besten aus- gearbeitete Variante dar und ist dem Holzschnitt der Auflage am ähnlichsten. Die Künstlerin erprobt die Hell-Dunkel-Wirkung mittels Tusche und Weisshö- hungen. Eindrücklich tastet sie sich an das optimale Verhältnis der hellen und dunklen Flächen heran, die danach in die Holzplatte geschnitten werden. «Ich bin mit der Holzschnittfolge zum Krieg fast fertig. […] Kein Mensch wird mut- massen, dass diese 7 Holzstöcke mittlerer Grösse eine langjährige Arbeit in sich schliessen und doch ist es so. Es steckt darin die Auseinandersetzungmit dem Stück Leben, das die Jahre 1914–1918 umfassen, und diese vier Jahre waren schwer zu fassen.», Zitat aus «Briefe der Freundschaft». Man spürt im Blatt die bedrückende Ohnmacht einer Schwangeren, die ihren Partner und den Vater ihres ungeborenen Kindes im Krieg für immer verloren hat. 68 Käthe Kollwitz Königsberg 1867–1945 Moritzburg Die junge Witwe – Schwangere

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