Auktion 285 : Ausgewählte Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025
1917–1918. Bleistift, roter Farbstift, weiss gehöht, auf Simili-Japan. 56,5×37,3 cm. Unten links vom Künstler in Bleistift signiert «GUSTAV / KLIMT». Unten rechts zwei leichte Längsfalten. Unten rechts der Mitte mit leichten Flecken und einer minim beriebenen Stelle. Sehr schöne Gesamterhaltung Schätzung CHF 175000 * Werkverzeichnis Alice Strobl, Gustav Klimt, Die Zeichnungen 1912–1918, Bd. III, Salz- burg 1984, Nr. 2629 Provenienz Nachlass Gustav Klimt Klipstein & Kornfeld, Bern, im Juli 1957 angekauft, später erworben von Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rückseitigmit demSammlerstem- pel, Lugt 913b Literatur Otto Breicha, Gustav Klimt, Die goldene Pforte, Werk, Wesen, Wir- kung, Bilder und Schriften zu Werk, 1978, Abb. 177 Tobias G. Natter (Hrsg.), Gustav Klimt, Sämtliche Gemälde, Köln 2012, Abb. S. 442 Ausstellungen Wien 1962, Albertina, Gustav Klimt, Kat. Nr. 204 Darmstadt 1970, Mathildenhöhe, Internationale der Zeichnung, Sonderausstellungen Gustav Klimt und Henri Matisse, Kat. Nr. 156 Luzern 1974, Kunstmuseum, Kunst in Österreich 1900–1930, Kat. Nr. 96 Brüssel 1981, Palais des Beaux-Arts, Klimt – Schiele – Kokoschka, Werke auf Papier, Kat. Nr. 38 Bern 1989, Kunstmuseum, Von Goya bis Tinguely, Aquarelle und Zeichnungen aus einer Privatsammlung [Slg. EberhardW. Kornfeld], Kat. Nr. 128 Madrid 2003, Fundación Juan March, Espíritu de modernidad: de Goya a Giacometti, Obra sobre papel de la colección Kornfeld, Kat. Nr. 48 Wien 2008/2009, Albertina, Wege der Moderne, Aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Kat. Nr. 71 Krems 2009, Kunsthalle, Das Porträt im Wandel der Zeit, S. 121 Aufgrund einer geplatzten Verlobung nahm sich die 24 Jahre alte Ria Munk 1911 das Leben. Sie war die Tochter von Aranka Munk, einer geborenen Pulitzer und Schwester von Serena Lederer, die zu dieser Zeit eine der wichtigsten UnterstützerinnenGustav Klimts war. Die trauernden Eltern beauftragten den Maler mit einem Por- trät ihrer verstorbenen Tochter. 1912 schuf Klimt das «Bildnis Maria (Ria) Munk auf dem Totenbett» (Natter Nr. 195). Angeblich stellt Klimt die Verstorbene in einemweiteren Bild «Die Tänzerin» (Natter Nr. 226) dar. Es ist nicht bekannt, ob dieMunks Gustav Klimt erneut mit einem Porträt ihrer Tochter beauftragt hatten. 1917 beginnt der Künstler mit den Arbeiten an einem weiteren Gemälde. Er fertigte Studien mit verschiedenen Positionen und Gesichtsausdrücken an, auch in ganzer Figur. Von Postkarten an Emilie Flöge wissen wir, dass Klimt Schwierigkeiten hatte, die für ihn «richtige» Bildkomposition zu finden. Die vorliegende Zeichnung diente Klimt als weitere Studie für das vermutlich dritte Porträt von Ria Munk. Die junge Frau wird in einer halbseitigen Drehung gezeigt – ihr Blick geht über die Schulter direkt zum Betrachter, begleitet von einem sanften, aber dennoch koketten Lächeln. Ihre Augen sind lebendig und fein akzentuiert, was ihr Gesicht zumMittelpunkt der Komposition macht. Trotz der reduzierten Linie gelingt es Klimt, ihr Wesen mit grosser Eindring- lichkeit zu erfassen. Mit einer Leichtigkeit und Verspieltheit in der Linienführung zeichnet Klimt das bewegte Haar. Die Kleidung ist mit wirbelnden Linien nur angedeutet, die eher den Eindruck von Textur und Bewegung als konkrete Form vermitteln. Den seitlichen Blick über die Schulter, die ausdrucksstarken Augen, die zart röt- liche Färbung der Wangen und das sanfte Lächeln setzte der Künst- ler im «Bildnis Ria Munk III (Natter Nr. 236) um. Das finale Ergebnis sollte der Nachwelt jedoch verwehrt bleiben, denn Gustav Klimt konnte das Gemälde aufgrund seines eigenen Todes nicht mehr vollenden. Diese besondere und ausdrucksstarke Zeichnung ist ein schönes Beispiel für Klimts Raffinesse und meisterhafte Fähigkeit, Emotion und Persönlichkeit mit minimalemStrich einzufangen. Das Schick- sal der Dargestellten und Klimts jahrelange Beschäftigungmit dem Motiv verstärken die emotionale Wirkung des Porträts. 61 Gustav Klimt Baumgarten bei Wien 1862–1918 Wien Bildnis Ria Munk Halbbild nach links
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ4OTU=