Auktion 285 : Ausgewählte Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025
Pont-Aven/Paris 1894–1895. Farbholzschnitt auf dünnemJapan, auf Büttenpapier aufgezogen. 15,1×12 cm, Holzschnitt; 22,4×17,2 cm, Büttenpapier. Das Büttenpapier leicht fleckig, der Druck in sehr schöner Erhaltung Schätzung CHF 225000 * Werkverzeichnis Elizabeth Mongan/Eberhard W. Kornfeld/Harold Joachim, Paul Gauguin, Catalogue Raisonné of his Prints, Bern 1988, Nr. 32, eines der dort erwähnten Exemplare Provenienz Slg. Charles Morice (1860–1919), Paris Slg. Alidor Delzant (1848–1905), Paris Galerie Paul Prouté, Paris, dort 1976 erworben von Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rückseitigmit demSammlerstem- pel, Lugt 913b Literatur Francisco Durrio, Sobre las huellas de Gauguin, Bilboko Arte Eder- ren Museoa, Museo de Bellas Artes de Bilbao, 2013 Ausstellungen Ingelheim 1997, Altes Rathaus, Ursprung und Vision, Paul Gauguin, Emil Nolde und die Kunst der Südsee, Kat. Nr. 20 Essen/Berlin 1998/1999, MuseumFolkwang/StaatlicheMuseen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Paul Gauguin, Das verlorene Paradies, Graphiken, Kat. Nr. IV, S. 216ff. Köln 1999/2000, Museum Ludwig, Kunstwelten im Dialog, Von Gauguin zur globalen Gegenwart, Kat. Nr. 145 Paris/Boston 2003/2004, Galeries nationales du Grand Palais/ Museum of Fine Arts, Gauguin, Tahiti, L’atelier des tropiques, Kat. Nr. 133 New York 2014, The Museum of Modern Art, Gauguin, Metamor- phoses, Kat. Nr. 97 Der Farbholzschnitt «Idole tahitienne», geschaffen in Pont-Aven oder Paris 1894/1895, ist ein von Gauguin selbst abgezogener Druck, von dem bisher einschliesslich der vorliegenden Arbeit lediglich neun Exemplare bekannt geworden sind. Die Graphik entstand nach Gauguins erster Tahiti-Reise, die er zwischen Juni 1891 und August 1893 unternahm. In der Folge verarbeitete er die zahlreichen Eindrücke künstlerisch in diversen Medien. Neben Gemälden, Zeichnungen, Skulpturen und Keramiken, nahm der Holzschnitt eine bedeutende Stellung in seinem Œuvre ein. So schuf er z. B. die bekannte Holzschnittfolge zu seinemErinnerungs- text «Noa Noa», den er in Zusammenarbeit mit Charles Morice verfasste. Gauguin war es ein Anliegen, sich mit den Göttern und Legenden der Vergangenheit Tahitis auseinanderzusetzen. Angeregt und beeinflusst durch die Lektüre von «Voyages aux îles du Grand Océan» (1837) des belgisch-französischen Ethnographen Jacques-Antoine Moerenhout, einer Studie über die Geschichte, Kultur und MythenOzeaniens, entstanden zwischen 1892 und 1895 eine Reihe vonWerken zu dieser Thematik, die die Faszination und das Interesse des Künstlers auf eindrückliche Weise dokumentieren. Im vorliegenden Holzschnitt ist in der Mitte rechts eine stehende, weibliche Figur mit markanten Gesichtszügen und üppigem Ohr- schmuck dargestellt. In der linken Bildhälfte sind verschiedene Ornamentfiguren zu erkennen. Über Gauguins Monogramm und einer Lotosblüte erscheinen Elemente, die an traditionellemarque- sanische Schnitzereien erinnern. In der oberen linken Ecke ist zudem ein maskenartiges Profilgesicht zu sehen. Bei der Hauptfi- gur in der Mitte rechts handelt es sich um Hina, eine polynesische Mondgöttin, die in verschiedenen Techniken mehrfach imŒuvre des Künstlers vorkommt. Als Referenzwerke gelten die Holzskulp- turen mit der Figur der Hina, die Gauguin noch während seines ersten Aufenthalts in Tahiti schuf, siehe dazu die folgenden Num- mern aus demWerkverzeichnis der Skulpturen und Keramiken von Christopher Gray Nrn. 95, 96, 97 und 105 oder die Terracotta Nr. 115, die Gauguin zwischen 1893 und 1895 in Frankreich brennen liess. Gray führt aus, dass Hina, die bedeutendste Gottheit des tahitia- nischen Pantheons, den grössten Eindruck auf Gauguin machte. Betrachtet man die Skulptur aus Tamanu-Holz von 1892 mit dem Titel «Cylinder Decorated with the Figure of Hina», die in der neu- eren Literatur auch unter «Hina with Two Attendants» zu finden ist, wird die Ähnlichkeit zu unserem Blatt deutlich. Die vielleicht frü- heste Version der Darstellung von Hina ist eine Bleistiftzeichnung, die sich in der ehemaligen Sammlung von Francisco Durrio befand, siehe Ausstellungskatalog 2013, Kat. Nr. 40. Man vermutet, dass Gauguin die Figur der Hina an Darstellungen von weiblichen Göt- tinnen in der indonesischen Kunst angelehnt hat, jedoch mit einer gewissen Modifikation der Pose, um die statischere Frontalität zu erreichen, die einem Idol angemessen ist. 55 Paul Gauguin Paris 1848–1903 Hiva-Hoa (Marquesas) Idole tahitienne Tahitian Idol The Goddess Hina
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