Auktion 285 : Ausgewählte Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025
Die Sammlung Eberhard W. Kornfeld war eine der bedeutendsten europäischen Privatsammlungen moderner und klassi- scher Kunst mit einem einzigartigen Fokus auf Werke auf Papier. Einige Highlights die- ser Sammlung werden im vorliegenden Sonderkatalog «Passion for Paper» zum Verkauf angeboten. Die Arbeiten auf Papier spiegeln nicht nur einen Sammlungs- schwerpunkt wider, sondern auch die lebenslange Hingabe Kornfelds an die Feinheiten, Möglichkeiten und Ausdrucks- formen von Werken auf Papier als künstle- rischesMedium. ImZentrum seiner Leiden- schaft stand stets die Überzeugung, dass Zeichnung, Aquarell, Gouache und Druck- graphik nicht bloss vorbereitende Studien oder Nebenformen der Malerei sind, son- dern eigenständige, intime und oft sogar experimentelle Ausdrucksformen, die tie- fere Einblicke in den kreativen Prozess ermöglichen. Kornfeld war eben nicht nur Händler, er war vor allem auch Sammler – und zwar ein enzyklopädischer. Besonders bestechendwar die Vielzahl von Zeichnun- gen, die nicht nur technische Virtuosität zeigen, sondern auch als Zeugnisse künst- lerischer Intuition gelten. Kornfeld trat im Januar 1945 als Volontär in die Firma von Dr. August Klipstein in Bern ein. Die Legende besagt, dass er mit dem Fahrrad aus Basel nach Bern gefahren sei. Schwankend zwischen einemEngagement im Bereich der Numismatik oder der Kunst wurde damit Kornfelds Weg in Richtung Kunsthandel vorgezeichnet. Die 1864 in Stuttgart gegründete Firma begann als Handlung von Graphiken und Handzeich- nungen alter Meister, nahm dann auch die neuere Kunst bis hin zum «zeitgenössi- schen» Expressionismus in die Kataloge auf. Klipstein war ein grosser Förderer etwa von Ernst Ludwig Kirchner oder Käthe Kollwitz. Kornfeld sog die neue Welt förm- lich auf. Die grosse Expertise für Arbeiten auf Papier in der Firma war weitherum bekannt. Und Kornfeld war ein äusserst gelehriger Mitarbeiter und Schüler, sodass ihmKlipstein immer mehr Projekte übertrug und ihn im Frühjahr 1948 schliesslich fest anstellte. In den Sommermonaten besuchte Kornfeld jeweils Kupferstichkabinette, etwa in Basel, Paris, London oder Amsterdam und bildete sich dabei autodidaktisch weiter. Im Juni 1949 fand die Auktion alter Handzeichnungen, primär holländische und flämische, des 1938 verstorbenen Sammlers Maurice Delacre statt. Das Manuskript des Katalogs stammte von Kornfeld; es war faktisch sein erstes «Gesellenstück», für das er allein verant- wortlich zeichnete. Holländische Hand- zeichnungen waren denn auch die erste Passion des jungen Sammlers. Einige Arbeiten aus der Auktion Delacre fanden damals Eingang in Kornfelds Sammlung. Ein grosser Teil dieser Handzeichnungen wurde 2024 in der Auktion «Graphik und Handzeichnungen Alter Meister» in unse- rem Haus verkauft. Nach dem überra- schenden Tod ihresMentors undChefs Dr. August Klipstein imApril 1951 übernahmen Frieda Schuh und Eberhard Kornfeld zusammen mit der Familie Klipstein das Geschäft. Nach einigen Jahren wurde Kornfeld alleiniger Geschäftsführer, erwarb in der Folge sukzessive die Mehrheit und führte die Firma schliesslich ab 1972 als Kommanditgesellschaft unter seinemeige- nen Namen. Über viele Jahrzehnte hinweg war es aus- schliesslich Kornfeld, der hunderte von Auktionskatalogen imAlleingang verfasste. So gingen in all den Jahrzehnten praktisch alle Kunstwerke im Haus durch seine Hände. Da er über ein einzigartiges Bild- und Materialgedächtnis verfügte, wurden alle Nuancen und Abweichungen sofort memorisiert. Es gab wohl nur wenige Kunsthändler, die annähernd so viele Werke in den Händen hielten, wie Kornfeld in seinem langen Händler- und Sammler- leben. Rechnet man seine publizierten Auktions-, Lager- und Ausstellungskata- loge sowie alle nicht in die Auktion auf genommenWerke zusammen, so waren es mehrere 100000 Stück, die er aus nächster Nähe auf ihre «Importanz» hin begutach- tete. Sein eindrückliches und fundiertes Wissen machte ihn schnell zu einem weit herum respektierten «Scholar-Dealer», einem Händler also, der als wandelndes Kunstlexikon und mit einem immensen Wissens- und Erfahrungsschatz seinem Metier mit höchster Kennerschaft nach- ging. Kornfelds Sammlung umfasste ein breites Spektrum: Von Graphiken und Handzeichnungen alter Meister wie Rem- brandt und Goya über die französischen Impressionisten und Postimpressionisten bis hin zur klassischenModerne undNach- kriegskunst war alles vertreten. Kunstwerke von Künstlern wie Chagall, Degas, Giaco- metti, Kirchner, Klee oder Picasso führen einen facettenreichen Dialog über Jahr- hunderte der Kunstgeschichte hinweg. Kornfeld wollte sein enzyklopädisches Wissen auch mit anderen teilen. So ver- Passion for Paper Ausgewählte Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld Eberhard Kornfeld beim Graphikstudium, Anfang der 1990er Jahre
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