Auktion 284 : Alberto und Diego Giacometti aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025
1951. Gips, in Ocker gefasst, mit nachgezogenen Gesichtszügen in Dunkel- braun. 27,5×21,8×11,5 cm. Mit Arbeitsspuren des Künstlers, leicht bestossen im Bereich des Kopfes, der Schulter und der Unterkante. In sehr guter Gesam- terhaltung. Schätzung CHF 1 750000 * Werkverzeichnis Echtheitsbestätigung des Comité Giacometti, Paris, datiert vomOktober 2017, liegt vor. Der Gips ist im Online Werkverzeichnis der Fondation Alberto et Annette Giacometti unter der Nummer AGD 3795 registriert Provenienz Direkt beim Künstler erworben von Slg. Eberhard W. Kornfeld, Bern Ausstellungen Bern 1959, Klipstein & Kornfeld, Alberto Giacometti, Kat. Nr. 1 Bern 2003, Kunstmuseum, Hommage an «E.W.K.», Meisterwerke von Giovanni Giacometti, Alberto und Diego Giacometti aus der Sammlung von Eberhard W. Kornfeld, Kat. Nr. 31 Wien 2008/2009, Albertina, Wege der Moderne, Aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Kat. Nr. 150 Bern 2017, Galerie Kornfeld, Alberto Giacometti, Nr. 17 Als Alberto Giacometti nach dem Zweiten Weltkrieg in das von seinem Bruder Diego unterhaltene Atelier in der Rue Hippolyte-Maindron 46 in Paris zurück- kehrte, brachte er sechs Streichholzschachteln mit einer Reihe von kleinen Figuren mit, die er in seiner Genfer Zeit angefertigt hatte. Sie galten bald als der ultimative Ausdruck seiner Reduktion auf das Wesentliche. In der Folge wurden die Figuren grösser: Von 1947 bis 1950 dominierten Ganzfiguren sein Werk. Um 1950 wendete er sich einem neuen Genre zu, das sich wohl aus seiner Malerei entwickelt hatte. Es ging nun umdie Umsetzung von Büsten, die nicht mehr auf einemeigenen, distanzierenden Sockel standen, sondern deren Oberkörper quasi selbst zum Sockel wurden. Diese ausgesprochen skulptu- ralen Porträtköpfe erinnern jedoch eher an die klassische Bildhauertradition; man denke etwa an die modern anmutenden antiken Terrakotta-Porträts aus Etrurien. Eine enge Verwandtschaft zu letzteren ist auch in der materiellen und farblichen Ausprägung des hier angebotenen Gipses von 1951 zu finden. Ab 1950wurde Albertos Bruder Diego sein beliebtestesModell. Giacometti konnte seinen Anspruch, eine Person ganzheitlich zu erfassen, mit seinemBruder, den er damals schon fast fünfzig Jahre kannte, wohl ambesten erproben und umset- zen. Giacometti arbeitete meistens mit Gips. Diese träge Masse, die eine Art Zwischenstellung zwischen hartem Stein und weichem Lehm einnahm, kam ihm bei seiner langen Arbeitszeit entgegen. «D’après nature» will sagen, dass die vorliegende Plastik im Rahmen einer Porträtsitzung entstanden ist, was später nicht mehr immer der Fall war. Diego trägt einen Rollkragenpullover, wodurch die Plastik formal in die Nähe der Porträtmalerei des 16./17. Jahrhunderts gerückt wird. Die Büste wirkt in der Komposition sehr klassisch; minutiös sind die Merkmale seines Bruders her- ausgearbeitet. Die seitliche Abflachung des Kopfes führt zur Belebung der Vorderansicht des Gesichts: Das Profil zeigt so den gleichen und doch ganz anderen Diego. «Buste de Diego d’après nature» war als Gips in Kornfelds Sommerausstellung 1959 zu sehen, später kam er in die Privatsammlung des Berner Galeristen. 28 Alberto Giacometti Borgonovo 1901–1966 Chur Buste de Diego d’après nature
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