Auktion 284 : Alberto und Diego Giacometti aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025

Um 1957. Gips, in Ocker gefasst. 40,5×16,1×9,8 cm. Mit Arbeitsspuren des Künstlers, minim bestossen im Bereich der Unterkante. In sehr guter Gesam- terhaltung. Schätzung CHF 1 750000 * Werkverzeichnis Echtheitsbestätigung des Comité Giacometti, Paris, datiert vomOktober 2017, liegt vor. Der Gips ist im Online Werkverzeichnis der Fondation Alberto et Annette Giacometti unter der Nummer AGD 3797 registriert Provenienz Direkt beim Künstler erworben von Slg. Eberhard W. Kornfeld, Bern Ausstellungen Bern 1959, Klipstein & Kornfeld, Alberto Giacometti, Kat. Nr. 3 Bern 2017, Galerie Kornfeld, Alberto Giacometti, Nr. 50 Eine der Büsten, die Eberhard W. Kornfeld im Anschluss an die vielbeachtete Sommerausstellung der Galerie Klipstein & Kornfeld 1959 in Bern in Zusam- menarbeit mit AlbertoGiacometti giessen liess, war «Buste sur socle» aus dem Jahr 1957. Anders als bei den Büsten aus den Jahren 1950/1951 verzerrt Gia- cometti das Porträt nun in die Höhe. Spannend ist auch der vermeintliche Sockel, der mit dem Körper zu verschmelzen scheint und ihm dadurch eine eigenartige Überhöhung verleiht. Durch die Verzerrung verändert sich das Verhältnis von Kopf und Körper zueinander. Giacometti hinterfragt damit den gängigen Wahrnehmungsprozess: Der Blick kann sich nicht am Rumpf fest- halten, sondern wird automatisch zumKopf und zu den Augen geführt. Obwohl die Schmalheit des Kopfes in der Vorderansicht betont und somit verfremdet wird, sind die wesentlichenMerkmale der Identität seines Bruders Diego immer präsent und leicht zu erkennen: der kraftvolle Blick der weit geöffneten Augen, die markante, leicht nach oben gebogene Nase, die vollen Lippen, die hohe, von einem Haarkranz gekrönte Stirn. Aufgrund der «Entfernungen» innerhalb des Gesichts, also vom Kinn und der Nase über die Augen bis hin zum Scheitel, muss der Betrachter seinen Blick ständig neu fokussieren. Da die Frontalansicht von Natur aus dominanter ist, verlieh Giacometti dem Profil zusätzlich mehr Gewicht, indem er den Kopf abflachte. Je nachdem, ob die Plastik frontal oder von der Seite betrachtet wird, schafft es der Künstler, faktisch zwei unterschiedliche Gesichter beziehungs- weise psychologische Zustände Diegos zu zeigen. Damit erreicht er auch in der Plastik seinen Anspruch einer möglichst ganzheitlichen Darstellung eines Motivs. Die Plastik wurde später bei Pastori in Genf in Bronze gegossen, den Gips behielt Eberhard Kornfeld für seine Privatsammlung. 18 Alberto Giacometti Borgonovo 1901–1966 Chur Buste sur socle

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