Auktion 284 : Alberto und Diego Giacometti aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 12.09.2025

Abgesehen von den engen Freundschaf- ten mit Sam Francis und Jean Tinguely waren es Alberto und später Diego Giaco- metti, mit denen EberhardW. Kornfeld über einen längeren Zeitraum einen freund- schaftlichen Austausch pflegte. Kornfeld war nach Jahren im Aktivdienst zuerst als Volontär und später, wie er selbst immer scherzhaft bemerkte, als «Mini-Partner» in die Kunsthandlung von Dr. August Klipstein in Bern eingetreten. Dort befasste er sich vor allemmit Altmeis- tergraphik und der Druckkunst der Moderne. Wiemüssen sich da seine ersten Besuche in der Berner Kunsthalle angefühlt haben, in der der Kunsthistoriker Arnold Rüdlinger seit 1946 ein ambitioniertes Programm mit neuester Gegenwartskunst aus Paris und den USA verantwortete? Der 1919 geborene Rüdlinger war nur vier Jahre älter als Kornfeld und wurde schon bald zu einem wichtigen Weggefährten sowie aktiven Vermittler zu den für Kornfeld bis- lang eher unbekannten Kunstschaffenden der Gegenwart. So war es Rüdlinger, der Kornfeld mit Sam Francis bekannt machte und ihm auf gemeinsamen Reisen in die USA die dortige Kunstszene näherbrachte. Es war in der Berner Kunsthalle, in der Korn- feld 1948 den aus dem Bergell stammen- den, gut 20 Jahre älteren Bildhauer und Maler Alberto Giacometti zum ersten Mal traf. Rüdlinger organisierte damals die wichtige Ausstellung «Sculpteurs contem- porains de l’École de Paris», in der in einem Saal auch Werke des nach dem Krieg wieder in Paris lebenden Schweizers gezeigt wurden. Kornfeld erinnerte sich gut an diese erste Begegnung: «Ich kam in­ mitten der Vorbereitungen für die Aus­ stellung in die Kunsthalle, betrat den für Giacometti reservierten Raumund traf den Künstler in Begleitung seiner direkt aus dem Bergbauerndorf Stampa gekom­ menen Mutter, der Witwe von Giovanni Giacometti. […] Beeindruckend war, wie Annetta Giacometti – über Jahrzehnte in Kunstdingen erfahren – ihremdamals doch schon 47 Jahre alten Sohn Anweisungen gab, wie er seine Skulpturen zu platzieren habe, die er auchmeist befolgte.» (In: Wege der Moderne, Aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Wien 2008, S. 237). Bei diesem ersten Treffen vereinbarten die beiden, sich beim nächsten Paris-Besuch Kornfelds im Wohnatelier des Künstlers an der 46, Rue Hippolyte-Maindron zu treffen. Da Kornfeld oft in Paris zu tun hatte, wurden diese Treffen, verbundenmit späten Abend- essen im «La Coupole», fortan zur freudigen Gewohnheit. Kornfeld besuchte den Künst- ler ab und an auch während seiner Ferien- aufenthalte in Stampa oder in Maloja. Dort entstanden auch die bekannten Fotografien von Annetta und Alberto, die der Kunst- händler vor dem Wohnhaus der Familie aufgenommen hatte. Alberto war in den 1950er-Jahren bereits ein anerkannter Künstler, der von PierreMatisse in NewYork und Aimé Maeght in Paris vertreten wurde. Kornfeld hatte aber das Privileg, immer wie- der direkt im Atelier einzukaufen, jedoch ausschliesslich Zeichnungen und Graphi- ken. Über die Jahre intensivierte sich die Beziehung, und als FranzMeyer, Rüdlingers Nachfolger an der Berner Kunsthalle, dem Bildhauer 1956 eine Einzelausstellung aus- richtete, wurde der Plan geschmiedet, bei Klipstein & Kornfeld eine Ausstellung des Künstlers zu organisieren. Dieser Plan wurde dann aber erst im Sommer 1959 umgesetzt. Wie damals üblich, kaufte Kornfeld dieWerke an, umsie anschliessend in der Ausstellung an Sammlerinnen und Sammler weiterzuverkaufen. Alberto ver- kaufte Kornfeld damals drei Gipse, verbun- den mit dem Recht, diese in Bronze zu giessen (vgl. Lose 18, 28 und 30 dieses Katalogs). Für die Ausstellungwurde zudem die grosse Bronze «Stèle III» von Maeght erworben, sodass ein schönes Konvolut mit plastischen Arbeiten, Zeichnungen und Druckgraphiken zusammenkam. Die Aus- stellung war wirtschaftlich nur ein mässiger Erfolg; etliche Stücke blieben unverkauft und gelangten im Laufe der Zeit in die Privatsammlung von Kornfeld. Der Kontakt zu Alberto blieb dennoch intensiv und freundschaftlich. Einige Male reisten die beiden auch zu Albertos Paten- Alberto und Diego Giacometti aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld Vorderseite des Ausstellungskatalogs 1959 bei Klipstein & Kornfeld, Bern

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