Auktion 283 : Graphik und Handzeichnungen Alter Meister 12.09.2024
2092 Francisco de Goya Fuendetodos 1746–1828 Bordeaux Ein Kavalier hilft einer Dame die Treppe hinauf Cavalier Helping a Woman to Climb some Steps Blatt 61 des Album F Um 1815–1820. Pinselzeichnung in Sepia und dunklem Braun in zwei Tönen auf dünnemVelinmit Wasserzeichen «M» in Kartusche. 20,8×14,2 cm, Blattgrösse. Oben rechts mit der eigenhändigen Nummer «61», die Nummer «32» wohl von der Hand Javier Goyas, des Sohnes des Künstlers. Die dunklen Tintenakzente sowie der kleinemittige Tintenfleck amunteren Rand rückseitig etwas durch schlagend. Davon abgesehen ist das Blatt (wie auch das vorher gegangene, aus dem gleichen Album stammende) in einem ins gesamt ganz hervorragenden Erhaltungszustand und wirkt frisch und gänzlich unbehandelt. Schätzung CHF 600000 Werkverzeichnisse PierreGassier, The Drawings of Goya, TheComplete Albums, London 1973, Nr. 327 (Album F. 61) Pierre Gassier/Juliet Wilson, Vie et œuvre de Francisco Goya, L’œuvre complet illustré, Fribourg 1970, Nr. 1482 Provenienz Slg. Javier Goya y Bayeu (1784–1854), ab 1828 Slg. Mariano Goya y Goicoechea (1806–1874), ab 1854 Federico deMadrazo y Kuntz (1815–1894) und/oder RománGarreta y Huerta (um 1855–1860) Slg. Paul Lebas, Paris, vor 1877 Auktion Hôtel Drouot, Paris, Vente anonyme P. L., 3. April 1877, Los 48, an Féral, Paris Slg. Alfred Stroelin (1871–1954), Paris und Lausanne Auktion Galerie Kornfeld & Klipstein, Bern, 7.–8. Juni 1978, Los 371 Slg. Eberhard W. Kornfeld, Bern, Lugt 913b Literatur Pierre Gassier, Une source inédite de dessins de Goya en France au XIX e siècle, Gazette des beaux-arts, 80, 1972, pag. 113 Juliet Wilson-Bareau, Goya in Bern, in: Christine E. Stauffer (Hg.), Festschrift für Eberhard W. Kornfeld zum 80. Geburtstag, Bern 2003, reprod. pag. 95 Ausstellungen Martigny 1982, Fondation Pierre Gianadda, Goya dans les collec tions suisses, Kat. Nr. 18, mit Abbildung Bern 1989, Kunstmuseum, Von Goya bis Tinguely, Aquarelle und Zeichnungen aus einer Privatsammlung [Slg. Eberhard W. Kornfeld], Kat. Nr. 1, mit Abbildung London 2001, Hayward Gallery, Goya: Drawings from His Private Albums, Kat. Nr. 61, pag. 185, mit Abbildung Madrid 2003, Fundación Juan March, Espíritu de modernidad: de Goya a Giacometti, Obra sobre papel de la colección Kornfeld, Kat. Nr. 7, pag. 130, mit reprod. pag. 17 Zürich 2011, Graphische Sammlung der ETH, Francisco Goya, Augenzeuge und Visionär Erst 1796, im Alter von 50 Jahren, begann Goya, in kleine gebun dene Bücher zu zeichnen. Bis zu seinemTod 1828 in Bordeaux füllte er acht solche Alben mit ca. 550 Zeichnungen. Dabei handelt es sich nicht um Skizzenbücher im herkömmlichen Sinne. Zwar griff er in Graphiken vereinzelt auf seine Zeichnungen zurück, diemeis ten der Blätter sind jedoch gänzlich eigenständig – gleichsam private Bilder, die Goya selbst, seiner Familie und allenfalls einem kleinen Freundeskreis vorbehaltenwaren. Nach seinemTodwurden die Alben aufgelöst und die Zeichnungen in alle Winde zerstreut. Die beiden Zeichnungen aus der Sammlung Kornfeld stammen aus dem Album F, einem gebundenen spanischen Notizbuch, das 106 nummerierte Seiten umfasste. Goya begann es während oder unmittelbar nach dem Unabhängigkeitskampf der Spanier gegen die französischeOkkupation 1808–1814. Das Albumenthält einige «der strahlendsten und fesselndsten Bilder, die Goya jemals zeich nete» (Juliet Wilson-Bareau, pag. 17), wozu die beiden angebotenen Blätter zweifellos gezählt werden dürfen. Die Zeichnung Nr. 61 des Albums F zeigt einen Kavalier, der einer Dame die Treppe hinaufhilft. Die Horizontalen und Vertikalen der Treppenstufen und der nicht genau zu benennende Hintergrund kontrastieren zu dem angedeuteten Bogen am unteren Rand der Seite. Auf der Treppe, die wie eine Brücke den Raum überspannt, schreitet eine junge Dame die Stufen hinauf. Die Treppe weist kein Geländer auf, was die Dame dazu zwingt, sich von einem älteren Edelmann in altmodischer Kleidung stützen zu lassen. Die Labilität der Situation wird durch einen teilweise flirrenden Zeichenstil aus gedrückt, der sich etwa in den hingetupften Flecken in denGewän dern artikuliert. Goya beweist seine Souveränität im Umgang mit dem Medium, indem er das Weiss des Papiers geschickt in seine Komposition einbezieht. *
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