Auktion 281 : 125 Ausgewählte Werke 13.09.2024

1944. Gips, farbig gefasst. 145×62×48 cm. Auf der Basis signiert «Fontana». Mit Gebrauchsspuren, in sehr schöner Gesamterhal- tung. Die Figur wurde 2020 komplett gereinigt und zum Teil neu patiniert. Schätzung CHF 425000 Werkverzeichnis EnricoCrispolti, Fontana, catalogo generale, Band I, Mailand 2015, Nr. 44SC 1 Provenienz Slg. Juan Zocchi, Buenos Aires Slg. Wilma de Rabuffetti, Buenos Aires Privatsammlung Argentinien/Schweiz, dort erworben von Schweizer Privatsammlung Literatur La Prensa, Sección tercera, Buenos Aires 1. Oktober 1944, Abb. Juan Zocchi, Lucio Fontana, Buenos Aires 1946, Nr. 48 EnricoCrispolti, Lucio Fontana, Catalogue raisonné des peintures, sculptures et environnements spatiaux, Band II, Brüssel 1974, S. 20 f. Ethel Martinez Sobrado, Fontana, Buenos Aires 1981, Abb. Tf. VI EnricoCrispolti, Fontana, catalogo generale, Band I, Mailand 1986, S. 83, Nr. 44SC 1 Paris 1987/1988, Musée National d’Art Moderne, Centre Georges Pompidou, Lucio Fontana, S. 367 Ausstellungen Buenos Aires, 1944, XXXIV Salón nacional de bellas artes Buenos Aires 1945, Kat. Nr. 1 Buenos Aires 1950, Kat. Nr. 13 Rom 1998, Palazzo delle Esposizioni, Lucio Fontana, S. 126 Lucio Fontana wurde 1899 in Rosario in Argentinien geboren. Im Jahr 1905 zog die Familiemit italienischenWurzeln nach Italien, wo Fontana in Mailand Ingenieurwissenschaften studierte. Zurück in Rosario fand er im Bildhaueratelier seines Vaters «Fontana y Sca- rabelli», denWeg zu eigenen Arbeiten. Schliesslich begann er 1927 ein Kunststudium an der Accademia di Brera in Mailand. Bereits in den 1930er-Jahren folgten erste Ausstellungen, 1934 schloss er sich der internationalen Künstlergruppe Abstraction-Création an. Von 1940 bis 1947 lebte Fontana wieder in Argentinien, wo er zunächst als Professor für Skulptur an der Escuela de Artes Plas- ticas in Rosario, danach als Professor für Dekoration an der Escuela Nacional de Bellas Artes Prilidiano Pueyrredon in Buenos Aires und als Professor für Skulptur an der Escuela de Bellas Artes Manuel Belgrano in Buenos Aires tätig war. Im Jahr 1946 gehörte er zu den Gründern und Lehrern der Altamira Escuela Libre de Artes Plàsticas in Buenos Aires, die zu einemwichtigen kulturellen Zentrumwurde. An dieser Kunstschule veröffentlichte Fontana im Jahr 1946 mit einer Gruppe seiner Studierenden das legendäre «Manifiesto Blanco» (weissesManifest), das von grundlegender Bedeutung für die Kunst werden sollte. Ab März 1947 verlagerte der Künstler sei- nen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt endgültig nach Italien. «LaMujer Herida» stellt ein wichtigesWerk amÜbergang zumSpa- tialismus dar, mit dem sich Fontana in der Folge beschäftigen wird. Man spürt seine Meisterschaft und die Auseinandersetzung mit Bildwerken im barocken Stil. «Barock war ein Sprung nach vorn» sollte kurz darauf im «Manifesto Blanco» stehen, denn die darge- stellten Barockfiguren scheinen die Oberflächen zu verlassen, um die Bewegungen im Raum fortzusetzen. Fontana sah also in der barocken Skulptur eine Befreiung der Formen, eine Ausdehnung des strengen klassischen Ideals. Seine expressiven Figuren aus dieser Zeit waren eine radikal neue, ungeschönte Darstellung sei- ner Modelle. Es sind ausdrucksstarke Momentaufnahmen, denen man sich nicht entziehen kann. «Die verletzte Frau», so die Über- setzung des spanischen Titels, zeigt schonungslos den Schmerz, das Ausharren, das Abwarten – auch die Angst vor dem, was kom- men mag. Der Stoff, mit dem sie ihre Wunde schützt, nimmt die Tücher der alten Skulpturen auf, mit denen die Scham verdeckt wurde. Das Werk fand schon kurz nach seiner Entstehung enorme Beachtung und gewann im Jahr 1944 den ersten Preis im «XXXIV Salón de Bellas Artes» in Buenos Aires. Fontana verstand es, mit seinen Figuren die Zeit einzufrieren und die Betrachtenden zu einem Teil des Ganzen werden zu lassen. Vielleicht war es diese Direktheit und Unmittelbarkeit am Subjekt, die ihn wenig später dazu brachte, das Gegenständliche für immer zu verlassen, ummit seinen ikonischenGemälden undObjekten noch einmal neu Kunst- geschichte zu schreiben. «La Mujer Herida» ist eine der sehr seltenen frühen Arbeiten des grossen Meisters, die sich noch in Privatbesitz befindet. Es existieren einige nicht autorisierte Bron- zegüsse der Arbeit. * 131 Lucio Fontana Rosario de Santa Fé 1899–1968 Comabbio La Mujer Herida

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ4OTU=