Auktion 276 : Kunst des 19. und 21. Jahrhunderts Teil 1 17.06.2022
CUNO AMIET Solothurn 1868–1961 Oschwand 3 Abendsonne im Winter (500000.–) Öl auf Leinwand 1907 55×61 cm Unten rechts vom Künstler in Ölfarbe monogrammiert und datiert «CA 1907» Werkverzeichnis: Franz Müller/Viola Radlach, Cuno Amiet, Die Gemälde 1883–1919, Teilband 1, Zürich 2014, Nr. 1907.36 Provenienz: Privatsammlung Schweiz Literatur: Viola Radlach, Hrsg., Cuno Amiet – Giovanni Giacometti. Briefwechsel, Zürich 2000, Brief Nr. 65 Karoline Beltinger, Maltechnische Untersuchungen zu den Gemälden von Cuno Amiet, 1883–1914, Zürich 2014 Auf dem originalen Chassis, in der alten Nagelung, zusätzlich mit Heftklammern befes- tigt. Stellenweise mit feinen Krakelüren. In sehr guter und farbfrischer Erhaltung Die Schneelandschaft ist ein Bildthema, das Cuno Amiet ein Leben lang beschäftigte. Die erste Landschaft «Hellsau imWinter» entstand Ende des Jahres 1894 (WK Nr. 1894.28). Bereits in einem Brief vom 17. Februar 1894 schrieb Amiet an Giovanni Giacometti: «Mein armer Giovannin! Du beklagst Dich noch darüber, dass die Sonne nicht da ist. Sich über die kleinsten Hindernisse zu beklagen, ist unsere Schwäche; aber dennoch, wenn man stark wäre, könnte man doch noch aus seinen Hindernissen Nutzen ziehen. Ist es etwa nicht ein ganz besonderer Zauber, dieses Tal weiss oder eher blau von Schnee zu sehen, mit den einzelnen Flecken der winzigen Häuser und Bäume in der Unendlichkeit des Schnees. Es wäre sublim, diese kalten aber reichen Töne und diese einfachen und weichen Linien darzustellen, um damit den schwermütigen Schlaf einer ganzen Landschaft zum Ausdruck zu bringen. Was für eine Schönheit! Seit dem Anfang des Winters träume ich davon, aber ich kann so viel Studien und Skizzen machen wie ich will, der Schnee kommt nicht in unser Land, und ich kann nicht hingehen und Notizen machen für das erträumte Bild. Profitiere also! Glücklicher, der Du bist!» Amiet malte das Thema des vorliegenden Gemäldes, eine Gruppe von Bauernhäusern mit den zwei schlanken, hoch aufragenden Pappeln, mehrmals aus unterschiedlichen Blickwinkeln und zu verschiedenen Jahreszeiten: im Sommer (WK Nr. 1902.26), im Winter (WK Nrn. 1902.22, 1905.17, 1907.35–37). Bei unserer Schneelandschaft sind die besonnten Teile auf wenige exponierte Stellen konzentriert, wie der Schnee auf den Dächern oder auf den Hügelkuppen. Die Abendstimmung bot Amiet Gelegenheit zur Darstellung organisch silhouettierter, stark kontrastierender Flächenformen. Die Topografie modellierte er gekonnt durch die Farben. Die Ausführung wirkt gegenüber der ersten Fassung des gleichen Jahres so noch etwas abstrakter. Die Leinwand ist über der Grundierung flächendeckend hellblau untermalt, was den im Brief an Giaco- metti erwähnten Zauber stimmungsvoll wiedergibt. Die Palette ist wie in den meisten seiner Winterbilder von 1907 bunter und unterstreicht mit dem kontrastreichen Kolorit die abendliche Stimmung des Sonnenuntergangs
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ4OTU=