Auktion 276 : Kunst des 19. und 21. Jahrhunderts Teil 1 17.06.2022
Cuno Amiet malte das Sujet von Mutter und Kind in einem Garten in zwei stilistischen und formal unterschiedlichen Fassungen (WK Nr. 1905.06 und WK Nr. 1906.07). In beiden Fassungen ist Louise Grütter als Modell erkennbar, die Amiet in einer Reihe von Werken ab 1905 als junge Mutter porträtierte. Louise Grütter-Geel war eine Bäuerin aus der Nachbarschaft auf der Oschwand. Sie half in späteren Jahren Anna Amiet bei der Pflege von Haus und Garten Die erste Fassung (WK Nr. 1905.06) wurde schon im Jahr ihrer Entstehung 1905 von der Bernischen Kunstgesellschaft für das Kunstmuseum Bern angekauft. Das vor liegende Werk, die grössere Fassung dieses Mutter-Kind-Sujets, war vom Zürcher Bankdirektor und Sammler Dr. Hermann Kurz (1857–1943) in Auftrag gegeben worden. In einem Brief vom 29. Januar 1906 an Cuno Amiet schilderte der Zürcher Sammler Richard Kisling (1862–1917), der Amiet den Auftrag vermittelt hatte, seine ersten Eindrücke: «Herr Dir. Kurz hat mich eingeladen, Ihr Gemälde anzusehen. Ich finde es einfach grossartig und würde, wenn es eine gute Eigenschaft wäre, Neid empfinden. Es hat sich gelohnt, so lange zu warten, denn das erste Bild war ja schön, aber nicht so prachtvoll wie dieses. Das Wickelkind mit den Händchen und die besorgte Mutter ist reizend und die Farben des weissen Leinen mit den rötlichen und grünlichen Reflexen entzückend.» Mit Richard Kislings Hinweis auf ein erstes Bild wird wohl das Bild im Kunstmuseum Bern gemeint sein, das dem vorliegenden in der Komposition der Figuren entspricht. Die detailreichere Ausführung von «Mutter und Kind» in der ersten Fassung sowie die Komposition des Hintergrundes unterscheiden die beiden Werke. Auffallend sind beim vorliegenden Bild die angeschnittenen Baumstämme am hohen Horizont und der kleine, mit Löwenzahn bewachsene Hügel, der das quadratische Format beinahe ganz ausfüllt. Während die Berner Fassung zu Amiets Lebzeiten nicht ausgestellt wurde, war das für Dr. Hermann Kurz gemalte Gemälde öfter in Ausstellungen zu sehen. Drei rückseitig auf der Leinwand und auf dem Keilrahmen angebrachte Pariser Zollstempel weisen zudem auf die grosse internationale Einzelausstellung Cuno Amiets von 1932 in der Galerie Georges Petit in Paris hin Das Werk verblieb seit dem Ankauf direkt beim Künstler im Jahre 1906 in Schweizer Familienbesitz
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ4OTU=